| # taz.de -- nord🐾thema: Eierlegende Wollmilchsau fürs grüne Gewissen | |
| > Blockheizkraftwerke erzeugen Wärme und Strom. Sie verwerten dabei 90 | |
| > Prozent des Brennstoffs, wo herkömmliche Kraftwerke nur rund ein Drittel | |
| > schaffen. Aber für wen lohnt sich eine Investition in die teuren Anlagen? | |
| Bild: Ein mit Erdgas betriebener Ottomotor treibt einen Generator zur Strom- er… | |
| Von Lukas Thöle | |
| Eigentlich ist es wie ein Auto: Auch beim Blockheizkraftwerk (BHKW) | |
| verbrennt ein Motor Gas oder Öl und erzeugt dadurch Energie. Bloß wird die | |
| nicht auf Achsen und Räder übertragen, sondern auf einen Generator – so | |
| entsteht Strom. Die abfallende Wärmeenergie wird gespeichert und später | |
| wiederverwendet. Diese Kopplung von Kraft und Wärme ist ressourcenschonend. | |
| Jede Kilowattstunde Strom erzeugt etwa drei Kilowattstunden Wärme. Und an | |
| kalten Tagen unterstützt ein „Spitzenkessel“ das BHKW, das sind „normale… | |
| Heizkessel. Das BHKW deckt dabei aber immer noch bis zu 80 Prozent des | |
| Jahreswärmebedarfes. | |
| Große Kraftwerke dieser Art können ganze Siedlungen mit Strom und Wärme | |
| versorgen. Die Stadtwerke Verden etwa betreiben seit 2012 das „Heizhaus | |
| Weserstraße 96“: Mit einer Leistung von 250 Kilowatt beliefert das dortige | |
| BHKW etwa 200 Wohnungen im angrenzenden Wohngebiet Maulhoop. In Grohn in | |
| Bremen-Nord entsteht mit dieser Technik die erste Klimaschutzsiedlung | |
| Deutschlands. | |
| In Einfamilienhäusern eignen sich kleine BHKWs nur bedingt – trotz der | |
| staatlichen Förderung (siehe Kasten). Solche Kraftwerke leisten bis zu | |
| zweieinhalb Kilowatt. Aber auch das ist laut Ulrich Imkeller-Benjes von der | |
| BEKS Energieeffizienz GmbH noch zu viel. Kleinere Kraftwerke, die weniger | |
| als ein Kilowatt leisten, seien aber noch teuer. Und überhaupt nennt er | |
| kleine BHKWs insgesamt technisch unzuverlässig. | |
| Die inzwischen etwa kühlschrankgroßen Geräte entlasten zwar die | |
| Stromrechnung, ein BHKW lohnt sich aber erst, wenn es auch lange genug | |
| läuft. In Betrieb ist so ein Kraftwerk jedoch nur, wenn die Wärme auch | |
| gebraucht wird. Imkeller-Benjes empfiehlt Interessierten, den eigenen | |
| Energiebedarf zunächst durch einen BHKW-Check zu ermitteln. | |
| Ein Blockheizkraftwerk rentiert sich erst ab einer Wärmeleistung von 4.500 | |
| Kilowattstunden. Laut Raymond Krieger von der Verbraucherzentrale Bremen | |
| muss die Anlage dafür 5.500 Stunden laufen, also zwei Drittel der 8.760 | |
| Stunden eines Jahres. Krieger hält diese Auslastung in einem | |
| Einfamilienhaus für kaum wahrscheinlich. „Sinnvoller ist der Betrieb in | |
| größerem Maßstab“, sagt auch sein Hamburger Kollege Jan-Peter Peters. | |
| In Mehrfamilienhäusern nutzen VermieterInnen Blockheizkraftwerke, um | |
| sogenannten Mieterstrom herzustellen: Der entsteht im Wohngebäude selbst | |
| und wird direkt an die BewohnerInnen verkauft. Über den Strompreis zahlen | |
| sie Umsatzsteuer und die Umlage für erneuerbare Energien. Von weiteren | |
| Abgaben ist solcher Mieterstrom befreit, vor Ort ungenutzten Strom nehmen | |
| Energieversorger ab. | |
| Solche Mietermodelle gibt es zum Beispiel in Hamburg: Bei 100 Wohnungen in | |
| der Grünebergstraße in Ottensen musste 2015 die Heizungsanlage erneuert | |
| werden. Die Eigentümergemeinschaft ersetzte zusammen mit zwei | |
| Energieberatern den Ölkessel im Keller durch sechs gebrauchte BHKWs. Die | |
| neue Anlage läuft seit 2016 und sparte im ersten Jahr über 60.000 Euro ein. | |
| Für den erzeugten Strom zahlen MieterInnen aktuell 24 Cent pro | |
| Kilowattstunde. Durch die entfallene Grundgebühr sparen die AnwohnerInnen | |
| zusätzlich 50 bis 100 Euro jährlich. Auch Wohnungsunternehmen im Land | |
| Bremen setzen vermehrt auf Mieterstrom. | |
| Bei den recht hohen Investitionskosten für die BHKW-Anschaffung kann | |
| Contracting helfen: Ein externer Dienstleister übernimmt dabei Kauf, Einbau | |
| und Wartung des BHKWs. Anschließend vermietet er das Recht, den Strom zu | |
| nutzen. „Über die langen Laufzeiten ist man dem Dienstleister quasi | |
| ausgeliefert“, merkt Peters an. Und das Kraftwerk gehöre hinterher – je | |
| nach Vertrag – unter Umständen nicht den WohnungseigentümerInnen, sondern | |
| dem Dienstleister. „Jeder muss selbst entscheiden, was für seine Finanzen | |
| besser ist“, sagt Krieger. Auch für Imkeller-Benjes ist Contracting nur in | |
| größeren Gebäuden sinnvoll. | |
| Eine weitere Stolperfalle ist die unübersichtliche Gesetzeslage. Denn BHKWs | |
| machen VerbraucherInnen energie- und steuerrechtlich zu | |
| EnergieproduzentInnen. „Diese Entwicklung ist rechtliches Neuland“, sagt | |
| Peters. Und insbesondere beim Contracting gebe es noch viele | |
| Gesetzeslücken. „Das öffnet die juristische Büchse der Pandora“, so Pete… | |
| Wartungskosten und andere Details empfiehlt er vertraglich zu regeln. | |
| Fortsetzung auf Seite 50 | |
| 18 Nov 2017 | |
| ## AUTOREN | |
| Lukas Thöle | |
| ## ARTIKEL ZUM THEMA |