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# taz.de -- nord🐾thema: Lernen für die Flüchtlingshilfe
> In „Refugee Law Clinics“ helfen Jurastudierende Geflüchteten in
> Rechtsfragen. Weil auch Ehrenamtliche Fachwissen brauchen, bieten die
> norddeutschen Flüchtlingsräte juristische Fortbildungen und Beratungen
> für HelferInnen an
Bild: Das Ausländer- und Asylrecht ist hoch kompliziert, ein Anwalt für die m…
Von Jördis Früchtenicht
Wie läuft ein Asylverfahren ab, wie funktioniert das mit dem
Familiennachzug, darf ich arbeiten oder studieren und wenn ja: wo? Probleme
ergeben sich für Geflüchtete in vielen rechtlichen Bereichen. Entsprechend
notwendig ist für sie eine juristische Beratung. Hier helfen sogenannte
„Refugee Law Clinics“ (RLCs): Sie bilden mit Beginn des Wintersemesters
Jurastudierende zu BeraterInnen aus.
Die Idee der Refugee Law Clinics stammt ursprünglich aus den USA.
Jurastudierende führen Rechtsberatungen für Menschen durch, die sich keinen
Anwalt leisten können, meist in einem bestimmten Rechtsgebiet. So
profitieren Bedürftige vom fachkundigen Rat, und die Studierenden können im
sonst eher praxisarmen Studium wertvolle Erfahrungen sammeln. Refugee Law
Clinics gibt es inzwischen auch an vielen Universitäten in Deutschland,
darunter in in Hamburg, Hannover, Kiel und Göttingen.
Die RLC Hannover besteht seit März 2015. Der gemeinnützige Verein ist von
der Universität unabhängig. Die Beratung der Geflüchteten erfolgt nach
vorheriger Terminabsprache in asyl- und ausländerrechtlichen Fällen. „In
der Beratung geht es um die Vorbereitung der persönlichen Anhörung im
Asylverfahren, um Zugang zum Arbeitsmarkt oder auch um den Familiennachzug
– das ist ein häufiges und dramatisches Thema“, sagt Milena Heine,
Kovorsitzende der RLC Hannover. Der Familiennachzug ist seit Frühjahr 2016
bis Frühjahr 2018 für diejenigen Geflüchteten ausgesetzt, die lediglich den
„subsidiären“ Schutz bekommen – also nur auf Zeit in Deutschland bleiben
dürfen. Diesen Schutzstatus erhielten 2016 auch viele syrische Flüchtlinge.
In drei Wochenendseminaren werden die Jurastudierenden auf ihren Einsatz
als BeraterInnen vorbereitet. „Dabei werden etwa Sozial- und Asylrecht
behandelt.“ Um offene Fragen der Beraterteams – die Studierenden arbeiten
immer zu zweit – zu ihren Fällen zu beantworten, gibt es eine Supervision
durch AnwältInnen.
Die bloße Beratung durch die Studierenden reicht dennoch nicht immer aus.
Dann, so Jensen, werde darauf verwiesen, dass sich die Geflüchteten
AnwältInnen nehmen müssten. „Das ist allerdings eine Frage des Geldes.“
Denn anders als die kostenlose Beratung durch die Studierenden entstehen
bei der anwaltlichen Konsultation Kosten, die die Geflüchteten meist selbst
tragen müssen.
Bei der ebenfalls seit 2015 tätigen Refugee Law Clinic Hamburg werden an
vier Standorten in der Stadt wöchentlich offene Sprechstunden angeboten.
Die Beratungsschwerpunkte liegen auch hier auf der Vorbereitung für die
asylrechtliche Anhörung, Familienzusammenführungen sowie dem
Dublin-Verfahren, welches die Zuständigkeit für Asylanträge der EU-Staaten
regelt.
Um die Beratungsqualität sicherzustellen, werden die Jurastudierenden ein
Jahr lang auf die Tätigkeit als RechtsberaterInnen vorbereitet. Diese
Ausbildung umfasst neben einer praxisorientierten Einführungsveranstaltung
unter anderem auch ein Praktikum in einer Anwaltskanzlei. Zudem gibt es für
die bereits als BeraterInnen tätigen Studierenden immer wieder
Fortbildungen. Wie auch in Hannover gibt es in Hamburg zudem eine
regelmäßige Supervision durch mit der RLC kooperierenden AnwältInnen.
In Kiel gibt es seit März 2016 ebenfalls eine Law Clinic für Geflüchtete.
Zu Beginn habe sich die Beratung vor allem um die Vorbereitung auf die
Anhörung beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge gedreht, sagt
Maximilian Fricke von der RLC Kiel. „Inzwischen geht es häufig um
Familiennachzug, den Zugang zum Arbeitsmarkt oder auch im Ausland
geschlossene Ehen.“ Die Kieler Law Clinic ist in den Räumen des
Flüchtlingsrats Schleswig-Holstein untergebracht. Dessen Geschäftsführer
Martin Link unterstützt das Projekt: „Die Law Clinic ermöglicht es uns,
besser bedarfsgerecht zu beraten.“
Doch auch andere Ehrenamtliche in der Geflüchtetenhilfe brauchen zuweilen
juristisches Wissen. „Es gibt verschiedene Ebenen des Engagements“, sagt
Marc Millies vom Flüchtlingsrat Bremen. „Wer eine Fahrradwerkstatt
organisieren möchte, muss andere Dinge wissen als jemand, der Geflüchtete
im Asylverfahren begleitet oder bei der Wohnungssuche hilft.“ Oft würden
Fragen zwischendurch auftreten. Neben Wissen im Bereich des Asylrechts sind
auch immer wieder rechtliche Aspekte relevant, die allgemein für
Ehrenamtler wichtig sind – sei es zu Themen wie Vereinsgründungen oder weil
man gemeinsam in den Urlaub fahren will.
Die norddeutschen Flüchtlingsräte bieten daher unterschiedliche
Fortbildungs- und Beratungsangebote für HelferInnen. So gibt es etwa beim
Flüchtlingsrat Schleswig-Holstein unter anderem das Projekt „Dezentrale
Flüchtlingshilfe“, bei dem Schulungsangebote für Gruppen im gesamten
Bundesland durchgeführt werden.
„Die Initiativen sagen uns, was sie brauchen“, sagt
Flüchtlingsrats-Geschäftsführer Link. Es könne um Vereinsgründungen oder
die Gestaltung von Flugblättern, aber auch um den Umgang mit besonders
schutzbedürftigen Gruppen oder um Einführungen im Asyl- und
Aufenthaltsrecht. „Die Rechtsgebiete sind komplex und dynamisch“, erklärt
Link. Immer wieder würden die einschlägigen Gesetze geändert. Daher sei es
für HelferInnen wichtig, sich regelmäßig zu informieren.
4 Nov 2017
## AUTOREN
Jördis Früchtenicht
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