# taz.de -- Die Bande demonstriert | |
> Mit einem Laternenumzug fordern Kinderläden und Kiezinitiativen | |
> Mieterschutz für soziale Einrichtungen in der Innenstadt | |
Bild: Auch der Kinderladen Bande e.V. in der Oranienstraße ist von Mieterhöhu… | |
Von Tina Veihelmann | |
Wenn es am Donnerstag dunkel wird, werden Berliner Kinder und Erwachsene an | |
der Oranienstraße, Ecke Adalbert einen riesigen Miethai aus dünnem | |
Pappmaché erleuchten. Der Miethai ist eine St.-Martins-Laterne, hängt an | |
Perlonfäden und wird an einer Angel getragen. „Mit einem politischen | |
Laternenumzug wollen wir ein Problem ans Licht bringen“, erklärt Max | |
Kerkhoff vom Kinderladen Bande in der Oranienstraße. „Die schier | |
ungebremste Verdrängung von Gewerbemietern aus der Berliner Innenstadt | |
trifft besonders diejenigen, die zugleich dringend gebraucht werden und | |
sich am wenigsten wehren können: die sozialen Einrichtungen wie | |
Hilfsangebote für ältere Menschen, psychosoziale Dienste und | |
Kindertagesstätten.“ | |
Ein Beispiel dafür ist der Kinderladen Bande e. V. in der Oranienstraße | |
202. Die Räume des Projekts liegen just in der Häuserzeile Oranienstraße | |
199 bis 205, die vom Görlitzer Bahnhof bis zum Heinrichplatz reicht und | |
Ende 2016 „im Paket“ den Besitzer wechselte. (taz berichtete) Bis 2006 | |
hatten die Häuser der früher landeseigenen GSW Immobilien AG gehört. Nach | |
mehreren Eigentümerwechseln wurde die Häuserreihe von der Deutschen | |
Investment Kapitalverwertungsgesellschaft mbH aufgekauft, der der | |
Immobilienfonds Deutsche Investment – Wohnen III angehört. | |
## Vierfache Mieterhöhung | |
Die meisten Läden in der Häuserzeile haben nach dem Verkauf fristgemäße | |
Kündigungen bekommen. Auch der Kinderladen Bande soll zu Ende Oktober 2018 | |
voraussichtlich seine Rollläden schließen. Das Elterninitiativprojekt | |
besteht seit 34 Jahren und leistet seinen Beitrag zur knappen Versorgung | |
von Berliner Kindern mit Kindergartenplätzen. Nun habe der Kinderladen ein | |
Angebot bekommen, zu einer vierfachen Miete einen neuen Vertrag zu | |
unterzeichnen, so Kerkhoff. „Diese Miete können wir nicht aufbringen. | |
Soziale Einrichtungen haben einen geringen Spielraum, auf derartige | |
Mieterhöhungen zu reagieren, und es ist auch nicht ihr Zweck, die Renditen | |
von Immobilienfonds zu erwirtschaften. Deshalb sind wir gerade dabei, mit | |
der Mieteninitiative Bizim Kiez zusammen an die Öffentlichkeit zu gehen.“ | |
Wie alle Berliner Kitas wird der Kinderladen Bande vom Berliner Senat | |
finanziert. Allerdings bemisst sich diese Finanzierung nicht an | |
tatsächlichen Mietausgaben, sondern an einer festgelegten Kindpauschale, | |
die pro Kind und Jahr zurzeit 375,24 Euro Kaltmiete vor. „Bei unseren | |
Räumen lässt sich das auf knapp 4 Euro Kaltmiete pro Quadratmeter | |
umrechnen“, erläutert Kerkhoff. Die neue Mietforderung würde das nur zu | |
einem Bruchteil decken. | |
Der Kinderladen Bande, gemeinsam mit Bizim Kiez, dem Bündnis der | |
Gewerbetreibenden in der Oranienstraße und weiteren Initiativen fordert den | |
Berliner Senat und die Bundesregierung auf, soziale Einrichtungen vor | |
Verdrängung zu bewahren. Sie verlangen auf Bundesebene einen gesetzlichen | |
Schutz für Gewerbemieter, der nach Art des Gewerbes differenziert. Ähnlich | |
dem Mietspiegel für Wohnungsmieten soll er an einen Index gekoppelt werden, | |
der sich zum Beispiel an der Wirtschaftskraft des jeweiligen Gewerbes | |
orientieren könnte. Darüber hinaus fordert das Bündnis, Vorkaufsrechte der | |
Stadt zu nutzen. „Wir fragen uns, weshalb beim Verkauf der Häuser 199 bis | |
205 das Vorkaufsrecht der Kommune nicht angewandt wurde.“ | |
„Mir ist klar, dass gesetzliche Mühlen langsam mahlen“, sagt Kerkhoff. | |
„Deshalb dürfen wir nicht auf den Gesetzgeber warten, sondern müssen uns | |
direkt wehren. Zum Beispiel durch Öffentlichkeit und | |
Nachbarschaftsaktionen. Ich glaube kaum, dass unser neuer Eigentümer Bilder | |
von Polizisten mag, die Kinder aus einer Kita tragen. Obwohl wir eigentlich | |
keine Chance haben, bin ich zuversichtlich.“ | |
Laternen-Umzug am morgigen Donnerstag um 17 Uhr in der | |
Adalbertstraße/Oranienstraße | |
15 Nov 2017 | |
## AUTOREN | |
Tina Veihelmann | |
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