# taz.de -- Vom Süden in den Norden ziehen | |
> Der Verein Zugvögel engagiert sich für junge Menschen aus dem globalen | |
> Süden | |
Bild: Zugvögel reisen in beide Richtungen | |
Von Pia Siber | |
Zahlreiche Organisationen fördern den kulturellen Austausch und schicken | |
junge Menschen in ferne Länder, damit sie neue Erfahrungen machen, Sprachen | |
lernen und mit einem reiferen Geist wieder heimkehren. Doch fast immer | |
kommen sie aus den reichen, westlichen Ländern. | |
Der bundesweit aktive Verein Zugvögel möchte mit diesen postkolonialen | |
Strukturen brechen. Er ermöglicht jungen Erwachsenen aus dem globalen | |
Süden, etwa aus Ländern wie Ecuador, Mexiko oder Uganda, nach Deutschland | |
zu kommen, um hier einen Bundesfreiwilligendienst zu absolvieren. | |
„Allein in Bremen hatten wir dieses Jahr vier interessante Einsatzstellen | |
zu Wahl“, sagt Zugvögel-Mitglied Anna Taube aus Bremen. Sie war nach ihrem | |
Abitur mit dem vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit | |
(BMZ) finanzierten Weltwärts-Programm für einen Freiwilligendienst ein Jahr | |
in der Karibik. Dabei sei ihr bewusst geworden, dass die Jugendlichen dort | |
nicht die gleichen Möglichkeiten haben wie sie. Seit ihrer Rückkehr | |
engagiert sie sich deshalb für Zugvögel. | |
In diesem Jahr begleitet sie eine der beiden Freiwilligen in Bremen. | |
Citlally Camas Gomez ist 24, kommt aus Mexiko und arbeitet für ein Jahr in | |
einem Kindergarten in Findorff. „In den ersten Wochen ist die Begleitung | |
sehr zeitaufwändig“, sagt Taube. Es müssen Versicherungen abgeschlossen | |
werden, ein Bankkonto eröffnet und die Eingewöhnung in die Gastfamilie | |
gemeistert werden. | |
Wobei es eher ein Gast-Haushalt sei. Denn die Freiwilligen seien meist | |
schon über 20, haben ein abgeschlossenes Studium und müssten nicht mehr | |
intensiv betreut werden. Es sei mehr ein familiäres Zusammenleben mit einer | |
erwachsenen Person. Trotzdem sei es schwierig, passende Gastfamilien zu | |
finden. „Es muss ein Zimmer frei sein und neben dem Interesse an einer | |
fremden Kultur, muss es auch finanziell möglich sein, eine weitere Person | |
im Haushalt aufzunehmen“, sagt Taube. Denn Miete können die Freiwilligen | |
nicht zahlen. Sie bekommen nur ein Taschengeld – ebenfalls aus dem | |
Weltwärts-Programm des BMZ. | |
Seit 2013 finanziert das Ministerium auch Reisen von Süd nach Nord. Dieser | |
Teil des Programms werde nur viel weniger genutzt, sagt Taube. | |
Die Zugvögel konnten in diesem Jahr nur drei Freiwillige vermitteln – an | |
Interessent*innen und Einsatzstellen mangelte es nicht. „Mehr schaffen wir | |
nicht“, sagt Taube. Denn die Mitglieder organisieren alles für die | |
Freiwilligen ehrenamtlich, vom Visum über Vor- und Nachbereitungsseminar | |
bis hin zu den Gastfamilien. | |
Die größte Hürde bei ihrer Arbeit sei allerdings die deutsche Bürokratie. | |
Immer wieder komme es vor, dass Visa für die Freiwilligen erst sehr spät | |
oder gar nicht ausgestellt werden. Ein Freiwilliger aus Ecuador habe | |
deshalb seinen Freiwilligendienst in Bremen nicht antreten können. | |
Genau deshalb sei ihr die Arbeit des Vereins so wichtig, sagt Anna Taube: | |
„Ich möchte dieser Visapolitik und damit dem institutionellen Rassismus | |
Kontra geben“, sagt sie, „Es ist doch Quatsch, Menschen irgendwo nicht | |
einreisen zu lassen, vor allem wenn sie Teil eines staatlich geförderten | |
Freiwilligen-Programms sind.“ | |
Der Verein versuche, nicht selbst Teil des Machtungleichgewichts zwischen | |
Reich und Arm zu werden. Daher würde die Auswahl der Freiwilligen von | |
Partnerorganisationen in den jeweiligen Ländern vorgenommen. | |
Mehr Informationen: www.zugvoegel.org | |
6 Nov 2017 | |
## AUTOREN | |
Pia Siber | |
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