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# taz.de -- Die Wippe lieber kippen
> Kultursenator Lederer fordert vom neuen Bundestag, das Einheitsdenkmal zu
> stoppen. Auch sonst könne Kritik der Berliner an vielen Hauptstadtplänen
> ernster genommen werden, so der Tenor einer Diskussion in der Akademie
> der Künste
Bild: Das äußerst umstrittene Einheitsdenkmal
Von Rolf Lautenschläger
Natürlich war die Bemerkung von Jeanine Meerapfel, Präsidentin der Akademie
der Künste, auch als Kampfansage gemeint: „Es gibt demokratische
Entscheidungen des Bundes für Berlin wie die zum Schloss oder für das ‚die
Wippe‘ genannte Einheitsdenkmal – und doch gibt es hierzu keinen
gesellschaftlichen Konsens.“
Sei es nicht angesichts der nach wie vor umstrittenen Projekte an der Zeit,
so fragte sie, dass Beschlüsse zu hauptstädtischen Bauvorhaben nicht mehr
nur im Bundestag getroffen werden sollten? Müssten zukünftig nicht „alle
Akteure“, also das Land Berlin und der Bund, an einen Tisch? Und sollen
nicht neu zu entwickelnde kooperative Verfahren mehr Gemeinsamkeiten
zwischen den Partnern erzielen?
Dass am Dienstagabend in der Akademie der Künste am Pariser Platz, in die
Meerapfel zum „Akademie-Dialog. Schlossattrappe, Wippe, Scheune“ Berlins
Kultursenator Klaus Lederer (Linke) sowie den früheren Direktor des
Frankfurter Architekturmuseums Wilfried Wang eingeladen hatte, derart
heftig für das Selbstwertgefühl und die Interessen Berlins gestritten
wurde, überraschte nicht wenig. Denn der Bund hatte jüngst Millionen für
den anvisierten Bau der Einheits-Wippe (18 Millionen Euro), für die
Rekonstruktion der Bauakademie (62 Millionen) oder 200 Millionen für das
Museum der Moderne („Scheune“) zur Verfügung gestellt. Zugleich schien es,
dass – wie schon beim Schloss – der Bundestag die Kritik aus der Stadt
heraus nicht wirklich ernst nimmt. Was zu Verunsicherungen, ja Protesten
führte.
Der Bund erhebe bei repräsentativen Bauten den umfänglichen Anspruch,
„mitreden zu wollen“, nahm Lederer den Faden auf. Das würde in der Stadt
„wie eine politische Vorgabe“ interpretiert, die „viel Trennendes und wen…
Gemeinsames“ mit sich bringe. Zukünftig sei es wichtig, Berlin stärker zu
beteiligen. „Es müssen neue Verfahren des Dialogs“ und der
Entscheidungsfindung geschaffen werden, so der Senator.
Nach Ansicht Lederers kommt es darauf an, gleichzeitig mit der Diskussion
über das neue Museum der Moderne und die Ausgestaltung des Humboldt Forums
die Debatte über den fragwürdigen Bau der Einheitswippe im neuen Bundestag
und in der Stadt neu einzufordern. Berlin sei nicht dazu verdammt, einen
derart „großen Quatsch“ umzusetzen. Der Bundestag hatte sich – nach
früheren Stopps – vor der Wahl 2017 wieder zum Bau des Einheitsdenkmals
bekannt und entschieden, das Projekt auf den Weg zu bringen. Im Herbst
2019, zum 30. Jahrestag des Mauerfalls, soll es eingeweiht werden.
Es gehe ihm bei der „Wippe“ weniger um die Kritik, dass dort Spaß auf einem
Denkmal getrieben werden könnte, so Lederer. Vielmehr sei die Inschrift:
„Wir sind das Volk. Wir sind ein Volk.“ keine Parole, die das Ansinnen der
friedlichen Revolution von 1989 widerspiegle. Mit „Wir sind ein Volk“
würden der historisch-kritische Sinn der Worte unkenntlich gemacht. „Hier
wird Siegergeschichte erzählt.“
Auch Wang gab zu bedenken, dass „die riesige Schale von 50 Meter Länge“
nicht die politische Bewegung in der DDR symbolisiere. Zudem sei sehr
wahrscheinlich, dass der eben sanierte Unterbau die tonnenschwere Wippe gar
nicht tragen könne. Wang: „Das Ding ist gefährlich und so kompliziert, es
zerstört das Gewölbe.“ Zudem ließ er durchblicken, dass das Architekturbü…
Willa und Partner bisher keine endgültigen Lösungen bezüglich der
statischen Probleme vorgelegt hätte. „Bauauflagen sind nach wie vor nicht
erfüllt.“ Die Wippe bilde für ihn ein „Symbol des Nichtfunktionierens“.
Wang und Meerapfel plädierten dafür, das „falsche Zeichen“ als einen
„Fehler“ zu erkennen und die Sache abzublasen.
Lederer sowie Teile des Publikums in der Akademie forderten, dass „der
Bundestag in der neuen Legislaturperiode neu und frei über die Wippe
entscheiden muss“. Man sei in der Debatte „schon einmal weiter gewesen als
jetzt“, erinnerte Lederer in Anspielung auf das Aus für das Denkmal 2016.
Die Entscheidungsträger beim Bund sollten die Berliner Bedenken jetzt
respektieren und den Beschluss „korrigieren“.
19 Oct 2017
## AUTOREN
Rolf Lautenschläger
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