# taz.de -- heute in bremen: „Eine neue Welle des Faschismus“ | |
taz: Herr Taufer, Ihr neues Buch heißt „Über Grenzen“. Welche Grenzen | |
meinen Sie? | |
Lutz Taufer: In meinem Buch spreche ich von vielen verschiedenen Grenzen. | |
Wenn man etwas verändern will in der Welt, muss man Gewohntes hinter sich | |
lassen. Dazu gehört auch das Überschreiten von Grenzen. | |
Wie etwa der bewaffnetet Kampf für die RAF? | |
Nein, wir hätten dieses Grenze damals nicht überschreiten dürfen. Während | |
des Kommandos Holger Meins haben wir zwei Geiseln erschossen, und das steht | |
im diametralen Gegensatz zu jedem emanzipatorischen Anspruch. Das | |
demokratische System in Deutschland kam mir damals sehr instabil vor. Der | |
Genozid in Vietnam, der Kalte Krieg und die atomare Aufrüstung empfand ich | |
als eine neue Welle des Faschismus. Wir glaubten, den herrschenden | |
Verhältnissen mit dem bewaffneten Kampf etwas entgegensetzen zu können. | |
Was beinhaltet für Sie politisches Handeln heute? | |
Es beinhaltet für mich den Mut, etwas Neues auszuprobieren. Durch meine | |
Arbeit für den Weltfriedensdienst beschäftigen mich heute vor allem die | |
Folgen von Globalisierung, wie beispielsweise die Zerstörung lokaler | |
Wirtschaften in Ländern des globalen Südens. Eine Folge kann Armut und | |
Flucht sein. In der 68er-Bewegung gab es für internationale Problemfelder | |
eine große Solidarität. Diese Solidarität ist in Zeiten der Globalisierung | |
weniger geworden. | |
Wie kam es zur Entscheidung, für den Weltfriedensdienst zu arbeiten? | |
Der Weltfriedensdienst arbeitet in der Entwicklungszusammenarbeit. Die RAF | |
hat versucht, mit gewaltsamen Methoden kapitalistische Strukturen zu | |
zerschlagen. Heute glaube ich daran, dass wir auch im atlantischen Westen | |
Arbeits- und Lebensbedingungen schaffen müssen, die attraktiver sind als | |
die kapitalistischen. Wenn den Profiteuren des Kapitalismus irgendwann die | |
Fälle weg schwimmen, kann es gut sein, dass es zu gewaltsamen | |
Auseinandersetzungen kommt. An Gewalt als Methode glaube ich allerdings | |
nicht mehr. | |
Sondern? | |
Die Linke von heute befindet sich oft in einem Zustand der einfachen | |
Negation. Wir müssen es schaffen, wieder Neues zu konstruieren. | |
Interview Paula Högermeyer | |
18 Oct 2017 | |
## AUTOREN | |
Paula Högermeyer | |
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