# taz.de -- nord.thema: „Wir brauchen kein Fleisch“ | |
> VEGANISMUS Auf den Messen Veggienale und Fair-Goods zeigt sich der | |
> pflanzliche Lebensstil. Daniel Sechert, Geschäftsführer einer Agentur für | |
> ökologische Veranstaltungen, spricht im Interview über seinen Weg ins | |
> fleischlose Leben | |
Bild: Wie man’s dreht und wendet, Gemüse ist gut | |
interview Philipp Nicolay | |
taz: Herr Sechert, ist Veganismus eine Lebenseinstellung oder nur eine | |
Mode? | |
Daniel Sechert: Für uns ist es eine Einstellung. Wir hoffen, dass es nicht | |
nur ein Trend ist, sondern sich im Bewusstsein vieler Menschen verankert | |
und dadurch Veränderungen bewirkt werden. | |
Wie würden Sie Fleischliebhaber mit drei Argumenten überzeugen, vegan zu | |
leben? | |
Das wichtigste Argument ist die eigene Gesundheit. Mindestens das sollte | |
jeden interessieren. Ich glaube, hiermit bekommen wir die Leute am | |
schnellsten. Viele, die den Einstieg in die pflanzliche Ernährung gefunden | |
haben, werden bestätigen, dass es ihnen tatsächlich besser geht. Weitere | |
wichtige Argumente sind der Umwelt- und Tierschutz. Wenn ich die | |
Produktionsbedingungen sehe, kann ich gar nicht mehr anders, als auf | |
Fleisch zu verzichten. | |
Warum ist es so gesund, auf tierische Produkte zu verzichten? | |
Früher habe ich auch Fleisch gegessen. Ich habe festgestellt, dass es mich | |
träge gemacht hat. Es gibt die Diskussion, was passiert, wenn ich kein | |
Fleisch mehr esse. Was fehlt mir dann? Letztlich ist es möglich, nur durch | |
pflanzliche Ernährung alle wichtigen Stoffe und Vitamine aufzunehmen. | |
Ist eine ausgewogene und nachhaltige Ernährung auch mit Fleisch möglich? | |
Ich vertrete die Position, dass aufgeklärte Menschen auf Fleisch verzichten | |
sollten. In unserer Wohlstandsgesellschaft brauchen wir kein Fleisch. Wenn | |
in Entwicklungsländern eine Kuh eine ganze Familie ernährt, ist dies noch | |
ein anderes Argument. Uns in Deutschland aber geht es so gut, dass wir uns | |
komplett vom Fleischkonsum verabschieden könnten. | |
Was geht bei Ihnen vor, Genuss oder Gesundheit? | |
Für mich passt das beides gut zusammen. Beim Kochen entdecke ich häufig | |
neue pflanzliche Produkte, die gesund sind und die ich genießen kann. Es | |
ist eine große Kunst, sich dafür Zeit nehmen zu wollen. | |
Wie wollen Sie bei möglichst vielen Menschen ein Bewusstsein dafür wecken? | |
Indem wir aufklären und informieren. Wir machen dies nicht mit einer | |
dogmatischen Art und Weise. Wir wollen zeigen, dass pflanzliche Ernährung | |
Spaß macht. Mit den beiden Messen Veggienale und Fair-Goods wollen wir | |
Interesse für das Thema wecken. | |
Wieso haben Sie sich persönlich entschieden, auf Fleisch zu verzichten? | |
Bei mir waren es die beiden Argumente Umwelt- und Tierschutz. Ich bin auch | |
als Fleischesser aufgewachsen, bin also im Prinzip darauf konditioniert. | |
Daher funktionieren bei mir auch noch die Gerüche. Ich habe mich gegen | |
Fleischkonsum entschieden, als ich mich näher damit beschäftigt habe, wie | |
es produziert wird. | |
Halten Sie es für realistisch, dass in naher Zukunft ein „Veggie-Day“ | |
eingeführt wird? | |
Ich glaube es sollte jeden Tag eine Alternative geben, die rein pflanzlich | |
ist. Letztlich soll der Mensch aber selber entscheiden. Mit strengen | |
Vorgaben wie einem „Veggie-Day“ kommen wir nicht weit. Im Umkehrschluss | |
würde dies ja bedeuten, dass sechs Tage die Woche Fleisch konsumiert wird. | |
Ich bin gegen Verbote und strenge Vorgaben. | |
Was präsentieren Sie auf der Messe Veggienale? Gemüse ist ja von der Natur | |
gemacht. Was gibt es da noch zu verbessern? | |
Genau, eigentlich ist vegan gar nicht so schwierig. Ich habe viele Leute im | |
Bekanntenkreis, die sich automatisch vegan oder vegetarisch ernähren. Wir | |
wollen Alternativen präsentieren. | |
Gibt es besondere Trends oder eine bestimmte Gemüseart, wie die perfekte | |
Karotte, die Sie auf der Messe vorstellen? | |
Ein großes Thema sind für unsere Generation, die mit Fleisch groß geworden | |
ist, die Fleischersatzprodukte. Wir sind noch auf den Fleischgeschmack | |
konditioniert. Ich denke aber, dass gerade junge Leute, die von Beginn an | |
auf Fleisch verzichten, kein Bedürfnis mehr danach haben werden. Ich | |
glaube, dass dieser Markt in Zukunft verschwinden wird. | |
Warum wäre Ihre „Fressmesse“ auch etwas für Menschen, die gerne Fleisch | |
essen? | |
Die Messe ist gerade für Leute, die sich noch nicht mit pflanzlicher | |
Ernährung auseinandergesetzt haben. Wir wollen noch mehr Menschen mit ins | |
Boot holen. Die Fleischesser sind auch für unsere Aussteller die | |
interessanteste Zielgruppe. Sie können sich inspirieren lassen und eine | |
neue Entscheidung treffen. | |
Sind Ihre Zielgruppe in erster Linie jüngere Leute? | |
Es betrifft alle Altersgruppen. Die Jüngeren verfolgen den revolutionären | |
Gedanken. Wir wollen aber auch ältere Menschen überzeugen. Die | |
interessanteste Zielgruppe sind die Leute, für die es noch neu ist und die | |
auf der Schwelle stehen, sich zu entscheiden. | |
Wie sehen Sie Deutschland im Vergleich zu anderen Industriestaaten im | |
Hinblick auf die vegane und vegetarische Ernährung? | |
Berlin ist auf jeden Fall Europas vegane Hauptstadt und Deutschland ist auf | |
keinem schlechten Weg. Durch Anfragen aus dem Ausland bemerken wir, dass | |
hier ein interessanter Markt ist. | |
Falls sich an den Produktionsbedingungen grundsätzlich etwas ändert, können | |
Sie sich vorstellen, wieder zum Fleischfresser zu werden? | |
Nein, das kann ich mir nicht vorstellen. | |
Veggienale und Fair-Goods: Sporthalle, Krochmannstraße 55, Hamburg, 21. und | |
22. Oktober. Infos unter [1][www.veggienale.de] | |
30 Sep 2017 | |
## LINKS | |
[1] https://veggienale.de/nachste_termine/hamburg-21-22-oktober-2017 | |
## AUTOREN | |
Philipp Nicolay | |
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