# taz.de -- Obamacare bleibt Gesetz | |
> USA Trotz absoluter Mehrheiten im Kongress bekommen die Republikaner | |
> erneut keine Mehrheit für die Abschaffung von Obamas Gesundheitsreform | |
> zusammen | |
Bild: Proteste in den Fluren des Senatsgebäudes. Washington am Montag | |
Aus New York Dorothea Hahn | |
Am letzten Tag des vorerst letzten republikanischen Anlaufs, die unter | |
Barack Obama verabschiedete Gesundheitsreform zu Fall zu bringen, legten | |
Hunderte von RollstuhlfahrerInnen den Finanzausschuss des Senats lahm. 181 | |
von ihnen wurden festgenommen. Während Mitglieder der Capitol Police die | |
Demonstranten wegrollten, hallten Rufe wie: „Keine Einschnitte in die | |
Medicaid“ durch die Gänge des Senats. Am selben Tag beendete die | |
republikanische Senatorin aus Maine, Susan Collins, diese Debatte. Sie | |
könne nicht für ein Gesetz stimmen, das Millionen Menschen ihrer | |
Krankenversicherung beraube. Sie war die dritte SenatorIn ihrer Partei, die | |
sich so positionierte. | |
Wie kein anderes Gesetz der Obama-Ära war die Gesundheitsreform zum Zentrum | |
der republikanischen Wut geworden. Sieben Jahre betrieben die Republikaner | |
Fundamentalopposition dagegen. Organisierten Dutzende von Abstimmungen | |
gegen Obamacare und mobilisierten die Straße gegen die „sozialistische | |
Reform“. In seinem Wahlkampf nutzte auch Donald Trump diese Stimmung aus. | |
Er nannte Obamacare eine „Katastrophe“ und versprach die sofortige | |
Abschaffung bei seinem Amtsantritt. Mit absoluten Mehrheiten in beiden | |
Kammern des Kongress schien das machbar. | |
Doch fast neun Monate nach Trumps Amtsantritt bleibt Obamacare das Gesetz | |
des Landes. Dafür haben vor allem die Proteste aus der Zivilgesellschaft, | |
aus Gewerkschaften und der linken Opposition gesorgt. In den | |
zurückliegenden Monaten sind sie gemeinsam gegen alle Abgeordneten | |
vorgegangen, die Obamacare stürzen wollten. Mit Telefonanrufen, Petitionen | |
und Demonstrationen machten sie Druck. Manche republikanische Abgeordnete | |
haben nun bis spät abends und an Wochenenden Demonstrationen vor ihren | |
Wohnhäusern. Auch prominente TV- und Hollywoodstars unterstützen die | |
Proteste. | |
Schon seit Monaten trauen sich republikanische Abgeordnete kaum noch in | |
ihren Wahlkreisen aufzutreten. Statt persönlicher Sprechstunden und | |
Diskussionen organisieren sie jetzt allenfalls noch Onlinediskussionen. Und | |
all jene, die im nächsten Jahr bei den Halbzeitwahlen erneut antreten, | |
versuchen das heikle Thema aus ihrem Wahlkampf herauszuhalten. Die Angst | |
vor der eigenen Basis sorgte auch in den Reihen der demokratischen | |
Kongressabgeordneten dafür, dass niemand aus der Parteidisziplin | |
ausscherte. | |
Für Trump ist das Scheitern des Graham-Cassidy-Gesetzes, das zwei | |
republikanische Senatoren vorgelegt haben, eine neue schwere politische | |
Niederlage. Am Montag konzentrierte er sich bereits auf andere Themen. | |
Doch es ist unwahrscheinlich, dass er und der republikanische Chef des | |
Senats, Mitch McConnell, aufgeben werden. Schon ab Oktober könnten sie es | |
mit einer neuen Gesetzesinitiative versuchen. Außerdem hat die Regierung | |
die Möglichkeit, Obamacare finanziell auszutrocknen und administrativ zu | |
behindern. | |
Die Gruppen, die in den letzten Monaten den Widerstand gegen „Trumpcare“ | |
organisiert und jetzt einen neuen Sieg davongetragen haben, wissen, dass | |
der Kampf weitergeht. Aber sie wissen jetzt, dass sie im öffentlichen | |
Bewusstsein die Diskussion über Obamacare möglicherweise stärker | |
vorangebracht haben als das jahrelange legislative Tauziehen hinter | |
verschlossenen Türen. Zugleich sind sie um die Erfahrung reicher, dass sie | |
mit Widerstand auf der Straße die Regierung zurückhalten können, obwohl | |
deren Partei über absolute Mehrheiten verfügt. | |
27 Sep 2017 | |
## AUTOREN | |
Dorothea Hahn | |
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