Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Gemeinsam viel erreicht
> Preis Demokratisches Engagement gibt mehr Kraft, als es verbraucht! Am
> Samstag würdigte die taz Panter Stiftung die Arbeit von sechs
> Initiativen, die sich für gesellschaftliches Miteinander einsetzen
Bild: Sie organisieren Bürgschaften und holen Familienmitglieder von Geflücht…
von Annika Maretzki und Antonia Groß
„Vorwärts! Und nicht vergessen: die Soli-dari-tät!“ – schwungvoll, mit
Posaunen und Trompeten marschiert die Bolschewistische Kurkapelle am
Samstagabend in den Premierensaal des Kinos International.
In dem 600 Menschen fassenden Saal des DDR-Vorzeigekinos in der
Karl-Marx-Allee 33 moderierten die Schauspielerin und Schriftstellerin
Adriana Altaras und taz-Redakteurin Doris Akrap die Verleihung der
Auszeichnung für „Herz, Mut, Hartnäckigkeit, Kreativität und radikales
Denken“ – des Panter Preises 2017. Das Motto in diesem Jahr: Vorwärts,
nicht rückwärts – solidarisch, nicht auf sich allein gestellt.
Mit viel Humor und ebenso viel Lob für das Engagement der Nominierten
begleitete das Duo das Publikum durch den Abend: Wenn der Staat alles
richtig machte, bräuchten wir gar keine Held*innen mehr – sagte Altaras im
„sozialistischen Kulturbau“ (Akrap). Warum es mehr denn je eine aktive und
offene Zivilgesellschaft braucht, wurde trotzdem klar. Abschottungspolitik,
beschnittene Grundrechte, zweistellige Prognosen für die AfD und eine
individualisierte und an sich selbst zweifelnde Gesellschaft – die Diagnose
der Zeit ist beklemmend. So jedenfalls formulierte es Katrin Gottschalk,
stellvertretende Chefredakteurin der taz: „Der Ton ist grob geworden“.
Nicht nur die „Merkel muss weg!“-Rufe seien bedenklich, es fehle insgesamt
an Menschlichkeit.
Am Samstag wurden jene Bürger*innen mit einem Panter Preis geehrt, deren
Arbeit sonst viel zu wenig Beachtung in der Gesellschaft erfährt. Für die
Leser*innen waren das die „Flüchtlingspaten Syrien e. V.“ aus Berlin, die
Jury entschied sich hingegen für die „aktion ./. arbeitsunrecht“ aus Köln.
4.585 Unterstützer*innen der Flüchtlingspaten Syrien e. V. ermöglichen
Geflüchteten den derzeit nahezu aussichtslosen Nachzug ihrer Familien.
Vereinsgründer Martin Keune begriff den Leser*innenpreis als Beweis für die
große gesellschaftliche Unterstützung: „Ihr alle gebt eine klare Antwort
auf das Dichtmachen Europas“, bedankte er sich – mit zahlreichen
Mitstreiter*innen, die mit ihm auf der Bühne standen.
Laudator Florian Westphal, Geschäftsführer von Ärzte ohne Grenzen
Deutschland, lobte das „starke Zeichen gegen Abschottung“, das die
Initiative setze.
Die Kölner*innen der „aktion ./. arbeitsunrecht“ um Elmar Wiegand und
Jessica Reisner waren von der Auszeichnung der Jury sichtlich überrascht.
Mit rheinischem Charme improvisierte Wigand in der Dankesrede: „Ich denke,
wir nehmen den Preis an.“ Mit einem Netzwerk aus Anwält*innen geht die
Initiative gegen „kriminelle Unternehmen“ vor, die geltendes
Arbeitnehmer*innenrecht verletzen. Sie klären auf und unterstützen von
Lohnraub betroffene Arbeitnehmer*innen in den sogenannten
(Sub-)Sub-Unternehmen.
Pointiert fasste die Autorin Silke Burmester die Arbeit der Gruppe so
zusammen: Sie kämpfen „für all jene, die zwar einen Platz in der
Arbeitswelt haben, aber behandelt werden wie der letzte Dreck“.
Auch die Gegenentwürfe der anderen vier Nominierten zur
Ellenbogengesellschaft fielen während des Abends nicht unter den Tisch:
So lautet das Motto der Gesellschaft für Freiheitsrechte e. V.: „Dem Recht
zu seinem Recht verhelfen“. Denn Lücken in Gesetzen und Gesetzesvorhaben
bedrohen unantastbare Bürger*innenrechte. Der Verein um Ulf Buermeyer und
Malte Spitz macht es sich zur Aufgabe, Verfassungsbeschwerden und Klagen zu
organisieren, um zu streiten – für die Freiheit des Einzelnen und der
Gesellschaft.
Die tiertafelhamburg e. V. versorgt Tier und Mensch in sozialer Not.
Schnell wird klar, es geht um mehr als Futter, denn „wenn die Welt
schrecklich ist und niemand einen lieb hat – dann hat der Hund einen noch
lieb“, sagt Leiterin Kara Schott.
Anfang 2015 fragten sich Brigitte und Annika Varadinek: Wie kann man
Geflüchteten in Berlin eine Perspektive abseits des Drogenverkaufs im
Görlitzer Park bieten? Ihre Antwort darauf: Bantabaa e. V., das bedeutet
„Treffpunkt“ in der westafrikanischen Sprache Mandinka. Ihren Treffpunkt
bieten sie in ihrem Kreuzberger Café: Mit Deutschkursen und
Berufsausbildungen in der eigens gegründeten Cateringfirma.
Im selben Jahr entwickelten die Sportwissenschaftlerinnen Shahrzad
Mohammadi, Lena Pawelke und Clara Speidel aus Freiburg die Idee von Bike
Bridge e. V.: Geflüchtete Frauen lernen in Kursen das Fahrradfahren und
-reparieren. „Das Fahrrad ist aber nur ein Instrument: Es erleichtert den
Frauen die Mobilität und schafft neue Kontakte“, so Lena Pawelke.
Elke Schmitter, Kuratoriumsmitglied der Panter Stiftung, bewunderte die
hohe „Dichte an politischer Kraft“ in diesem „besonders guten Jahrgang“…
und zwar in einer Zeit, in der „keine Zeit“ die häufigste Redewendung sei.
Dabei betonte sie, dass „demokratisches Engagement mehr Energie gibt, als
es verbraucht“.
18 Sep 2017
## AUTOREN
Annika Maretzki
Antonia Groß
## ARTIKEL ZUM THEMA
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.