# taz.de -- heute in hamburg: „Nur das kleinere Übel“ | |
> Parteilos Wieso der Wahlkampf bisher gar kein richtiger Kampf ist, | |
> darüber wird heute diskutiert | |
taz: Herr Scheffler, die heiße Phase des Wahlkampfs hat begonnen, die | |
TV-Duelle sind vorüber. Wie nehmen Sie den Wahlkampf bisher wahr? | |
Marco Scheffler: Ich habe mir natürlich die TV-Duelle angeschaut, aber | |
nichts Neues erfahren. Man kann schwerlich von einem Wahlkampf reden, denn | |
gekämpft hat da niemand. Die Kandidaten haben nur wenig Inhaltliches | |
wiedergegeben und im Grunde weiß man doch schon im Vorhinein, wie die | |
Bundestagswahl ausgehen wird. | |
Sie sind aus Überzeugung parteilos. Welchen Nachteil sehen sie denn im | |
Parteiensystem? | |
Ich habe kein Problem mit dem demokratischen Parteien- und Wahlsystem als | |
solchem. Ich kandidiere ja für den Bundestag. Es ist eher die Art und | |
Weise, wie Entscheidungen innerhalb der Parteien getroffen werden: Wenn ich | |
mich hier in Eimsbüttel beispielsweise einer Ortspartei anschließe, kann | |
ich zwar an den Treffen teilnehmen und meine Meinung kundtun, aber meine | |
politische Stimme bleibt weitgehend ungehört. Die Entscheidungen über die | |
Richtung einer Partei werden nicht auf Parteibasis entschieden, sondern in | |
Berlin. | |
Sollte man sich also besser nicht mehr in Parteien engagieren, sondern als | |
Parteiloser, so wie Sie es tun? | |
Von mir aus können sich die Leute weiterhin in Parteien organisieren. | |
Überhaupt ist es ja wichtig, sich mit anderen zusammenzutun, wenn man etwas | |
erreichen möchte. Aber dann sollten Parteien nicht von oben nach unten | |
entscheiden, sondern von unten nach oben. Alles andere entspricht nicht | |
meinem Verständnis einer demokratischen Wahl. | |
Geht es um das Thema Wahlbeteiligung, sprechen Sie nicht von | |
Politikverdrossenheit, sondern von Parteiverdrossenheit. Was meinen Sie | |
damit? | |
Nun, ich bin Barbesitzer und unterhalte mich dort oft mit den Leuten über | |
politische Themen. Ich merke, dass die Leute sehr wohl politisch | |
interessiert sind, schließlich sind sie ja auch alle irgendwie betroffen, | |
egal, ob es um Kita, Schule oder die eigene Arbeit geht. | |
Politikverdrossenheit kann also gar kein Thema sein. Es ist eher die | |
fehlende Unterstützung der Parteien: Entscheidungen werden dort über die | |
Leute hinweg getroffen. Und bei den Wahlen fragt man sich dann natürlich, | |
wen man noch wählen kann, wenn es nur um das kleinere Übel geht. | |
Interview Leon Kirschgens | |
Podiumsdiskussion zur Bundestagswahl mit Marco Scheffler und Vertretern | |
anderer Parteien: 19 Uhr, Hamburg-Haus Eimsbüttel, Doormannsweg 12 | |
6 Sep 2017 | |
## AUTOREN | |
Leon Kirschgens | |
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