# taz.de -- Warum man sich unterhalb der elbe die Gebühr für das Sportstudio … | |
Inselstatus Leyla Yenirce | |
Liebe Insel, wer 50 Euro für ein Fitnessstudio im Monat zahlt und in | |
Wilhelmsburg wohnt, ist selber schuld. Das dachte ich mir, als ich vor | |
Kurzem in meinem E-Mail-Spamordner Werbung von einem | |
Fitnessstudio-Betreiber erhielt. Denn wer auf der Insel wohnt, bekommt den | |
Sport nämlich gratis. | |
Wie das? Ganz einfach: Morgens mit dem Rad zur Arbeit nach St. Pauli oder | |
Eppendorf fünf Kilometer aus dem Reiherstiegsviertel zum Elbtunnel hin und | |
dann wieder fünf Kilometer zurück und am Abend vielleicht noch eine kleine | |
Ausstellung in den Deichtorhallen über die Elbbrücken sieben Kilometer hin | |
und sieben Kilometer wieder zurück. Die Insel hält fit. Das große Problem: | |
Ein T-Shirt sollte aus Schweißgründen nicht länger als eine Fahrt getragen | |
werden, es sei denn, man weicht auf die S-Bahn aus – dauert doppelt so | |
lange und sauniert wird trotzdem. | |
Der Nachteil beim Rad: Es erfordert bei Bedarf Wartungsarbeiten und wer es | |
nachts nicht in den Innenhof stellt oder im Hausflur versteckt, hat am | |
nächsten Tag wahrscheinlich keins mehr. Aber dem Thema Fahrraddiebstahl | |
gebührt ein eigener Text. Zurück zum Sport: Wilhelmsburg kann nämlich mehr | |
als nur Drahtesel. Wer keine Lust hat, 20 Kilometer am Tag Fahrrad zu | |
fahren, kann die Schwimmhalle besuchen, in den Kletterpark gehen oder beim | |
Joggen entlang des Reiherstieg-Hauptdeichs an der Kondition arbeiten. | |
Seit einiger Zeit gibt es sogar Insel-Yoga, für manche der meditative | |
Ausgleich zum hektischen urbanen Alltag, für mich eher sowas wie die Hölle | |
in Gymnastikhosen. Dann doch lieber zum neuen Kampfsportverein, der vor | |
Kurzem seine Pforten öffnete, und eine Runde den Sandsack vermöbeln. | |
Das wirkt anti-agressiv und zwingt niemanden dazu, in komischen | |
Verrenkungen Entspannung vorzutäuschen. Ob Yoga oder Boxen, immerhin ist es | |
lobenswert, dass es ein breites Sportprogramm gibt, bei dem für alle ein | |
bisschen was dabei ist. | |
Das könnte doch auch auf der Webseite der SAGA Wohnungsbaugesellschaft | |
stehen, wenn es darum geht, Wilhelmsburg als neuen hippen Stadtteil zu | |
vermarkten. Statt „bunt“ oder „lebendig“ könnte man nämlich auch schr… | |
liegt unterhalb der Elbe und wer die andere Seite mit dem Rad überquert, | |
bleibt auch noch richtig fit! Schwimmen, Boxen, Yoga, Radsport. Ach ja, | |
sogar einen Ruderverein gibt es. Vielleicht werden dadurch ja sogar | |
sportfaule Gentrifizierer*innen abgeschreckt. Oder sie widmen sich einer | |
ganz anderen Sportart, die die Anwohner*innen auf der Insel exzessiv | |
betreiben: Döner essen. | |
Leyla Yenirce ist Kulturwissenschaftlerin und schreibt wöchentlich aus | |
Wilhelmsburg über Spießer*innen, Linke, Gentrifizierer*innen und den | |
urbanen Wahnsinn in der Hamburger Peripherie. | |
28 Aug 2017 | |
## AUTOREN | |
Leyla Yenirce | |
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