# taz.de -- nordđŸthema: Innovation im Abfluss | |
> Was bei der MĂŒlltrennung funktioniert, geht auch mit verbrauchtem Wasser | |
> â das zu zeigen, hat sich ein Projekt in Hamburg vorgenommen | |
Von Katharina KĂŒcke | |
Von auĂen sieht man den Wohnungen nicht an, dass hier etwas anders lĂ€uft. | |
Das merkt man erst, wenn man mal aufs Klo geht â und die ToilettenspĂŒlung | |
betĂ€tigt. Anstelle von Wassermengen, die nun mit einem Mal gen Ăffnung | |
schössen, tut sich hier zunÀchst einmal gar nichts. Oder wenigstens | |
beinahe: Es lĂ€uft ein wenig Wasser in die SchĂŒssel, dann zischt es und wird | |
plötzlich ganz laut, eine Klappe öffnet sich und die Ausscheidungen werden | |
mit hohem Druck abgesaugt. âDas ist wie im Flugzeugâ, kommentiert ein | |
Bewohner. | |
Die Vakuumtoilette ist nur ein kleiner, sichtbarer Teil des innovativen und | |
sparsamen Abwassersystems, das unterhalb der Wohnanlage âJenfelder Auâ im | |
Hamburger Osten entsteht. Seit 2010 werden dort auf dem GelÀnde der | |
frĂŒheren Lettow-Vorbeck-Kaserne Wohnungen gebaut; bis 2020 sollen bis zu | |
2.000 Menschen in 770 Wohnungen Platz finden. Das Neubaugebiet wird nicht | |
an die ortsĂŒbliche KlĂ€ranlage angeschlossen, sondern erhĂ€lt ein eigenes | |
Abwassersystem: den âHamburg Water Cycleâ. | |
âDie Leitungen sind schon verlegtâ, sagt Sabrina Schmalz, Sprecherin des | |
örtlichen Versorgers Hamburg Wasser, der das Projekt im Jahr 2006 gestartet | |
hat. Schmalz zufolge sind 54 Wohnungen fertig und die ersten Mieter schon | |
im Februar eingezogen. Es ist eine Ăbergangsphase: Trotz der eingebauten | |
Vakuumtoiletten seien die Wohnungen ânoch an die ortsĂŒbliche KlĂ€ranlage | |
angeschlossenâ, erlĂ€utert Schmalz. | |
Wasser gespart wird dort trotzdem schon, denn die Vakuumtoiletten | |
verbrauchen deutlich weniger davon als ĂŒbliche Toiletten, nĂ€mlich nur einen | |
Liter Wasser pro SpĂŒlgang. In einem normalen Haushalt verbraucht eine | |
KlospĂŒlung zwischen sieben und neun Liter Wasser. Normalerweise flieĂt das | |
verschmutzte Toilettenwasser, auch Schwarzwasser genannt, anschlieĂend in | |
die Kanalisation, wo es sich mit dem restlichen Wasser des Haushaltes, | |
genannt Grauwasser, vermischt. Das nennt man Mischsystem oder auch | |
Schwemm-Kanalisation. | |
Das dabei entstehende Gemisch setzt sich aus ungefÀhr 70 Prozent Grau- und | |
30 Prozent Schwarzwasser zusammen. Ist jedoch nicht genug Wasser im Siel, | |
setzt sich das Schwarzwasser fest. Und das, beklagen Entsorgungsbetriebe, | |
passiert mittlerweile immer hĂ€ufiger â weil wassersparend gespĂŒlt oder | |
geduscht wird. Um Verstopfungen im Abwassernetz entgegenzuwirken, mĂŒssen | |
sie sauberes Regenwasser hinzufĂŒgen â eine echte Wasserverschwendung. | |
Dagegen verfolgt der Hamburg Water Cycle einen anderen Ansatz. In der | |
Wohnanlage Jenfelder Au werden Schwarz- und Grau- wie auch das Regenwasser | |
voneinander getrennt verwertet. Mithilfe eines komplexen Gebildes aus | |
Rohren werden die AbwĂ€sser an unterschiedliche Orte geleitet â HerzstĂŒck | |
ist dabei die Vakuumtoilette. | |
Dadurch, dass wesentlich weniger Wasser verwendet wird, bleibt hier erst | |
mal sogar noch mehr Substanz des schwarzen Abwassers ĂŒbrig. âDas | |
Schwarzwasser wird durch die Vakuumtoilette angesaugt und direkt zur | |
Gasaufbereitung weiterverwendetâ, erklĂ€rt Schmalz. In einer | |
VergÀrungsanlage wird das Abwasser zusammen mit weiterer Biomasse | |
behandelt. Das regt einen VergÀrungsprozess an, durch den Biogas entsteht. | |
Und damit wird die Wohnanlage mit Energie versorgt, also mit Strom und | |
WĂ€rme. | |
Aber auch das weniger stark verschmutzte Grauwasser wird im Rahmen des | |
Projekts anders verwendet als ĂŒblich: Dadurch, dass es sich hier nicht mit | |
dem Schwarzwasser vermischt, kann es direkt geklÀrt werden. Damit entfÀllt | |
ein ansonsten notwendiger, aufwendiger Prozess, in dessen Verlauf | |
Feststoffe und FlĂŒssigkeit getrennt werden. âDas Grauwasser ist nicht so | |
schwer belastet, weil sich darin kein Urin, Kot und MedikamentenrĂŒckstĂ€nde | |
befindetâ, erklĂ€rt Schmalz. In der Jenfelder Au könne das Grauwasser in | |
einer eigenen Anlage geklĂ€rt und in lokale GewĂ€sser geleitet werden â oder | |
aber als Brauchwasser weiterverwendet werden. | |
Nach eigenen Angaben rechnet Hamburg Wasser in Zukunft mit mehr und | |
stĂ€rkeren NiederschlĂ€gen. Derzeit flieĂt das Regenwasser meist einfach so | |
in die Kanalisation. Dort fĂŒhrt es jedoch des Ăfteren zu ĂŒberfĂŒllten | |
Sielen, das andere Extrem also. Dabei kann auch verschmutztes Wasser in die | |
Abwasserteiche gelangen â ein Problem fĂŒr die KlĂ€rung. | |
In der Jenfelder Au dagegen wird das Regenwasser direkt in die angelegten | |
Teiche geleitet oder zur BewĂ€sserung der GrĂŒnflĂ€chen genutzt â noch ein | |
Vorteil. Die Wohnanlage ist ein Pilotprojekt in Sachen kreislauforientierte | |
Abwasserwirtschaft. Hamburg-Wasser-Sprecherin Sabrina Schmalz vergleicht | |
den dabei verfolgten Ansatz mit der MĂŒlltrennung: âFrĂŒher war es nicht | |
selbstverstĂ€ndlich fĂŒr uns, Papier, Glas, Plastik oder RestmĂŒll voneinander | |
zu trennen.â So kam alles in ein und dieselbe Tonne und musste wieder | |
getrennt werden. So Àhnlich sei es heute mit den verschiedenen AbwÀssern: | |
ZunĂ€chst werde einfach alles zusammengeschĂŒttet, um dann mit aufwendiger | |
Technik wieder getrennt und geklÀrt zu werden. Hamburg Wasser wolle zeigen, | |
wie es anders geht. | |
28 Oct 2017 | |
## AUTOREN | |
Katharina KĂŒcke | |
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