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# taz.de -- Kurzkritik: Florian Schlittgen über „Kami und Washi“: Wetter m…
Eisblöcke schmelzen in der Sonne vor der „Galerie am Schwarzen Meer“. Sie
sind auf Washi platziert, auch bekannt als Japanpapier. Das Eis wurde zuvor
mit Farbe betropft, nun bilden sich langsam Muster. Die Arbeit von Fusae
Yamashita thematisiert das Prozessuale und nicht das Produkt. Die zwölf
ausstellenden KünstlerInnen in „Kami und Washi – Zeitgenössische Kunst aus
Japan“ sind im Rahmen eines deutsch-japanischen Austauschs auf Besuch in
Bremen. Gemeinsam ist ihnen die Auseinandersetzung mit Autorenschaft.
Feine Risse sind auf dem Washi-Papier von Yasuhiro Shimakawa zu sehen. Es
ist leicht vergilbt und sehr fein – die Fasern des Materials sind deutlich
zu erkennen. Die Spuren verweisen jedoch nicht auf den Künstler: Über
mehrere Monate hat Shimakawa das Washi der Witterung ausgesetzt. So
entstand ein Werk, dessen Urheber nicht allein der Mensch ist. Shimakawa
hat das Papier zwar platziert, gestaltet wurde es hingegen von der Natur.
Die Idee hinter Shimakawas Experiment erinnert an die Philosophie Friedrich
Nietzsches. Für den Philosophen fällt der Mensch mit seinem Schaffen
zusammen. „Der Täter“, so Nietzsche, „ist zum Thun bloss hinzugedichtet.…
Die Handschrift der Tat sei nicht die eines „Ichs“, sondern
gesellschaftlich verhandelte Techniken. Shimakawas Washi-Papier geht noch
einen Schritt weiter, weil es die Natur im „Thun“ integriert.
Auch die anderen Arbeiten der Ausstellung lassen das scheinbar Passive
aktiv werden, mit dem Japanpapier als gestalterischer Größe. Es sträubt
sich: „Du kannst nicht auf Washi malen“, sagt Tamotsu Yamakawa, dessen
Tuschezeichnungen sich auf minimalistische Formen beschränken – Kreise und
Striche. Zu unberechenbar würde die Tinte auf dem Papier verlaufen. Wer
malt, ist auch hier nicht nur der Mensch.
Neben angemalten Washi sind auch Arbeiten ausgestellt, die sich sogar
ausschließlich mit der Struktur des Papiers beschäftigen. Die bereits beim
Japanpapier deutlich sichtbaren Fasern sind hier bis ins Extreme
potenziert. Eins dieser Washi ist so dick, dass hier auch ein geborstenes
Holzstück hängen könnte. Während Kunst gewöhnlich als Formung des Materials
verstanden wird, ist das Material hier selber Kunst.
Galerie am Schwarzen Meer, bis 30. Juli
25 Jul 2017
## AUTOREN
Florian Schlittgen
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