| # taz.de -- heute in Bremen: „Wir wollen Utopie leben“ | |
| > Treffen Wie Basisdemokratie gelingen kann, diskutiert die Linksjugend in | |
| > Gröpelingen | |
| taz: Frau Fischer, ist Selbstorganisation nicht ein neoliberales Projekt? | |
| Anna Fischer: Nein, wir wollen uns nicht selbst ausbeuten und persönlich | |
| organisieren. Es geht uns darum, uns als Gruppe zu organisieren und zwar | |
| nicht hierarchisch. Selbstorganisation ist für uns die demokratischste Form | |
| der politischen Praxis. | |
| Wie funktioniert das? | |
| Es ist wichtig, als Gruppe den Anspruch der basisdemokratischen | |
| Selbstorganisation und unsere politische Praxis immer wieder zu | |
| reflektieren. Dabei probieren wir unsere Strukturen so zu gestalten, dass | |
| zum Beispiel Wissenshierarchien abgebaut und alle so gut wie möglich | |
| eingebunden werden. Niemand muss Politikwissenschaften studiert oder Karl | |
| Marx gelesen haben, wenn er oder sie bei uns mitmachen möchte. Auch wenn es | |
| nie möglich ist, Hierarchien komplett zu vermeiden, sollte es trotzdem | |
| unser Anspruch sein. | |
| Warum sollte man sich organisieren – und wogegen? | |
| Jeden Tag erleben wir eine Gesellschaft voller Ausbeutung und Ausgrenzung, | |
| Rassismus, Sexismus, Homophobie oder anderer Diskriminierung. Eine | |
| Gesellschaft basierend auf Solidarität und kollektiver Selbstorganisation | |
| ist daher die Utopie, die wir setzen gegen autoritäre, festgefahrene | |
| Gesetze, Regeln und Konventionen, die uns sagen, wie und wofür wir zu leben | |
| haben. | |
| Hat die Partei als Ort der politischen Willensbildung ausgedient? | |
| Das kommt darauf an, in welchem Rahmen man aktiv ist. Basisdemokratische | |
| Selbstorganisation basiert darauf, als Gruppe gemeinsam zu überlegen, was | |
| wir erreichen wollen und wie wir es umsetzen. In einer | |
| Millionengesellschaft ist Selbstorganisation anders als in einer kleinen | |
| Gruppe. Unterschiedliche Ebenen übernehmen in Parteien unterschiedliche | |
| Aufgaben und können daher nicht wie Gruppen organisiert sein. Trotzdem sind | |
| basisdemokratische Ansprüche für Parteien unverzichtbar. | |
| Wenn alle Menschen sich selbst organisieren, braucht es dann noch einen | |
| Staat? | |
| Wenn wir den Staat als gesetzgebende, autoritäre Gewalt verstehen, muss ein | |
| staatsfreies Zusammenleben die Utopie sein, in der wir leben wollen. Denn | |
| ein staatlich festgelegter Rahmen widerspricht unseren politischen Idealen, | |
| aber auch der basisdemokratischen Selbstorganisation. | |
| Ihr wollt euch den Jugendlichen aus Gröpelingen vorstellen. Spricht dieses | |
| Thema Menschen von dort besonders an? | |
| Gerade Personen, die von der Politik häufig vergessen werden, müssen ihre | |
| politische Mitbestimmung auf anderen Wegen erarbeiten. Das Thema ist aber | |
| für Menschen aus allen Stadtteilen relevant, wir sind daher offen für alle. | |
| Interview: Lukas Thöle | |
| 18.30 Uhr, Gröpelinger Heerstr. 120 | |
| 24 Jul 2017 | |
| ## AUTOREN | |
| Lukas Thöle | |
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