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# taz.de -- ProzessauftaktEin Mann soll seine schwangere Ehefrau nach einem Str…
Wie ist ein Mann zu bestrafen, der seine hochschwangere Frau mit einem
Ziegelstein erschlägt? Mit dieser Frage beschäftigt sich seit gestern das
Bremer Landgericht. Die Staatsanwaltschaft klagt den 40-jährigen K. wegen
Totschlags in Tateinheit mit Schwangerschaftsabbruch in besonders schwerem
Fall an.
Als der Angeklagte den Gerichtssaal betritt, verdeckt er sein Gesicht mit
einer Akte. Er zittert während des Blitzlichtgewitters. Ob vor Aufregung
oder weil ihm das Gewicht seiner Arme zu schwer wird, bleibt unklar.
Nachdem die Fotografen den Raum verlassen haben, wirkt er gefasst.
Laut Staatsanwaltschaft soll der türkische Staatsbürger am 15. Januar
dieses Jahres seine im achten Monat schwangere Frau getötet haben. Sie habe
ihm am Tag zuvor erklärt, sich von ihm scheiden zu lassen. Als beide in der
gemeinsamen Wohnung in der Grohner Düne in Vegesack über die Trennung
sprechen wollten, habe er erfolglos versucht, sie umzustimmen. Daraufhin
habe er einen Ziegelstein vom Balkon geholt, um die 40-Jährige zu töten.
Dass dabei auch das gemeinsame Kind stirbt, habe er billigend in Kauf
genommen. Dessen Geburt erwartete das Paar am fünften Februar – also etwa
drei Wochen später.
Mit dem Stein als Waffe sei er auf seien Ehefrau zugegangen. „Schlag mich
nicht mit dem Stein“, soll sie gesagt haben. Laut Staatsanwaltschaft habe
K. seine Frau mit der rechten Hand festgehalten, damit sie sich nicht
wehren könne. Gleichzeitig habe er vier Mal mit dem Stein in der linken
Hand auf ihren Kopf eingeschlagen. Auch dann noch, als sie bereits am Boden
lag. Das Opfer habe mehrere Frakturen, ein Schädeltrauma sowie einen
Scharnierbruch erlitten. Die Frau sei noch in der Wohnung an diesen
Verletzungen gestorben.
Während der Staatsanwalt die Anklageschrift verliest, ist im Hintergrund
ein ständiges Gemurmel zu vernehmen. Eine Dolmetscherin muss die etwa
zehnminütige Tatbeschreibung für den Angeklagten übersetzen. Hinterher
fragt ihn die vorsitzende Richterin Barbara Lertzel, ob er sich zur Anklage
äußern möchte. Seine Antwort ist auch ohne Dolmetscherin zu verstehen:
„Ne“, sagt er auf Kurdisch. Im weiteren Prozessverlauf kann sich das aber
noch ändern.
Die Schwester des Opfers sitzt währenddessen allein an einem Tisch. Sie und
ihr Vater erheben Nebenklage. Er und ihre beiden Anwälte erscheinen jedoch
nicht zum Prozessauftakt. So sitzt die Schwester allein – und weinend – da.
Bis Anfang November sind noch neun Termine angesetzt. Die ersten ZeugInnen
werden am 5. September gehört.
In Bremen wurden vergangenes Jahr über 2.000 Fälle häuslicher Gewalt
registriert. Deutschlandweit sind es jährlich über 100.000 Fälle. Da viele
Taten nicht angezeigt werden, ist die Dunkelziffer höher. Lukas Thöle
15 Jul 2017
## AUTOREN
Lukas Thöle
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