# taz.de -- heute in hamburg: „Es ist ein täglicher Kampf“ | |
> Lesung Der Bildband „Abseits“ gibt Einblicke in das Leben und Träume von | |
> Obdachlosen auf St. Pauli | |
taz: Frau Groth, was können wir von Menschen lernen, die am Rande der | |
Gesellschaft leben? | |
Susanne Groth: Wenn man Obdachlose fragt, was sie sich wünschen, wird einem | |
bewusst, dass die Probleme, die man selbst hat, gar nicht so groß sind. | |
Einer hat mir erzählt, dass er sich wünscht, dass Politiker endlich | |
aufwachen und sich anschauen, was sie anrichten. Andere wünschen sich mehr | |
Lebensfreude oder eine Arbeit, damit sie mal wieder ihre Familie besuchen | |
können. Das sind Wünsche, bei denen ich sehr demütig geworden bin. | |
Wie sieht der Alltag von Obdachlosen aus? | |
Das Leben auf der Straße ist ein täglicher Kampf. Das kann man sich gar | |
nicht vorstellen. Zum einen müssen Obdachlose sich darüber Gedanken machen, | |
wo sie etwas zu Essen bekommen, wo Kleidung und wo ärztliche Versorgung. | |
Zum anderen sind sie ziemlich schutzlos. Sie werden häufig attackiert. | |
Viele wandern daher von Einrichtung zu Einrichtung, je nachdem wie die | |
Öffnungszeiten sind. Letztlich ist das der einzige geschützte Raum, den sie | |
haben. | |
Gibt es auch Obdachlose, die gerne auf der Straße leben? | |
Ich habe keinen getroffen, der mir gesagt hat, dass er gerne auf der Straße | |
lebt. Die Menschen, die Ihnen so etwas sagen, sind oft psychisch krank. Man | |
muss dazu sagen, dass Obdachlose auch krank werden, weil sie schon zu lange | |
auf der Straße sind. | |
Würde es helfen, ihnen Wohnungen zu stellen? | |
Das Problem ist, dass die meisten Angst vor Isolation haben. Daher ist es | |
auch so schwierig für sie, eine Wohnung zu beziehen. Auf der Straße sind | |
sie ja nicht alleine. Den meisten fehlt eine Struktur und eine Anleitung, | |
wie „normale Bürger“ leben. Viele haben den Bezug zur gesellschaftlichen | |
Realität verloren. Deswegen brauchen sie ein betreutes Wohnen. Das gibt es | |
leider nur wenig. | |
Warum werden Menschen obdachlos? | |
Dafür gibt es viele Gründe. Manchmal steckt da eine Krankheit hinter, in | |
anderen Fällen soziale Schwierigkeiten wie eine Scheidung, oft aber auch | |
finanzielle Probleme wie zum Beispiel Jobverlust. Wenn man sich die | |
einzelnen Geschichten anhört, merkt man schnell, wie nah jeder von uns am | |
Abgrund steht. Vor allem die, die weder ein soziales Netz noch eine Familie | |
haben, die sie auffangen können. | |
Interview Katharina Kücke | |
Lesung mit Diashow aus dem Bildband „Abseits“, 19 Uhr, Kölibri, | |
Hein-Köllisch-Platz 11/12 | |
13 Jul 2017 | |
## AUTOREN | |
Katharina Kücke | |
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