# taz.de -- Ihr Kinderlein kommet | |
> Bildung Eine Studie prognostiziert 2025 rund 8,3 Millionen Schüler in | |
> Deutschland, über eine Million mehr, als bisher vorausgesagt. Genügend | |
> Lehrer gibt es derzeit nicht | |
Bild: Höher, schneller, weiter – mehr. In Turnhallen könnte es eng werden | |
von Laura Weigele | |
BERLIN taz | Elternabend in einer Berliner Grundschule zum Thema: „Übergang | |
auf die weiterführende Schule“. Ein Lehrer der nahe gelegenen Oberschule | |
referiert, die Eltern lauschen interessiert. Und dann kommt dieser Satz: | |
„Wir haben derzeit zu viele Anmeldungen, wenn Ihr Kind an unsere Schule | |
will, braucht es einen Durchschnitt von 2,2 oder besser.“ Unruhe macht sich | |
unter den Eltern breit. Und was machen Kinder mit einem schlechteren | |
Zensurendurchschnitt fragen sich die Eltern? Müssen die sich darauf | |
einstellen, quer durch die Stadt zu einer Schule zu pendeln, an der es noch | |
freie Plätze gibt? | |
Die Sorgen von Eltern dürften in Zukunft noch zunehmen. Eine am Mittwoch | |
veröffentlichte Studie der Bertelsmann-Stiftung prognostiziert, dass die | |
Schülerzahlen kräftig ansteigen. Bis 2025 wird es demnach rund 8,3 | |
Millionen Schüler geben. Das sind etwa 1,1 Millionen mehr, als die | |
Kultusministerkonferenz (KMK) 2013 einschätzte. Besonders dramatisch wird | |
die Lage in den Stadtstaaten, wo die Schülerzahlen der Bertelsmann-Prognose | |
zufolge bis 2030 um etwa 30 Prozent ansteigen. | |
In ihre Berechnung bezog die Stiftung die aktuellen Schüler-, Geburten- und | |
Zuwanderungszahlen ein. „Die primäre Ursache für den deutlichen Anstieg der | |
Schülerzahlen liegt an der dynamischen Geburtenentwicklung“, meint Dirk | |
Zorn von der Bertelsmann-Stiftung. | |
Das hat Folgen. Ändert sich die Größe der Klassen nicht, könnten an | |
Grundschulen im Jahr 2025 rund 25.000 Lehrer fehlen. An weiterführenden | |
Schulen sinken die Schülerzahlen in den nächsten Jahren zunächst, doch das | |
Problem wird dort zeitversetzt ankommen. So werden 2030 in der | |
Sekundarstufe I zusätzlich 27.000 LehrerInnen benötigt. Der Mangel könnte | |
jedoch noch viel drastischer ausfallen, befürchtet die Vorsitzende der | |
Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), Marlis Tepe. „In der Studie | |
wird nur berechnet, wie viele weitere Lehrkräfte man braucht, | |
Pensionierungen sind nicht einberechnet“, so Tepe zur taz. Pro Jahr | |
schließen rund 35.000 Referendare ihre Ausbildung ab, 2015 gingen knapp | |
28.000 verbeamtete Lehrer in Pension. Es gibt keine Zahlen, wie viele | |
angestellte Lehrkräfte pro Jahr in Rente gehen. | |
Auch die Forderung der Politik nach Ganztagsschulen setze zusätzliche | |
Stellen voraus, meint Tepe. Bereits heute improvisieren die Länder. „In | |
Sachsen-Anhalt wird nur jede zweite freigewordene Stelle nach einer | |
Pensionierung durch einen qualifizierten Lehrer besetzt“, sagt Tepe. | |
Die aktuellen Zahlen der Bertelsmann-Stiftung konterkarieren die bisherige | |
Schulschließungspolitik der Länder. Seit der Jahrtausendwende wurden rund | |
1.800 Grundschulen geschlossen. Zudem müssen viele Schulen dringend saniert | |
und modernisiert werden, der Deutsche Städte- und Gemeindebund veranschlagt | |
den Investitionsstau bereits heute auf 34 Milliarden Euro. | |
Die Bertelsmann-Studie geht davon aus, dass Länder und Gemeinden im Jahre | |
2030 4,7 Milliarden Euro mehr für Bildung ausgeben müssen. „Es ist eine | |
gewaltige Aufgabe, den Rückstand aufzuholen und gleichzeitig auf dem | |
neuesten Stand zu bleiben“, sagt Alexander Handschuh vom Städte- und | |
Gemeindebund. Wenn man sich jetzt an die Arbeit begebe, sei jedoch noch | |
ausreichend Zeit, sich vorzubereiten. | |
Die KMK teilte mit, sie werde eine Vorausberechnung für Schüler- und | |
Absolventenzahlen einleiten, die spätestens im Sommer 2018 veröffentlicht | |
werden soll. Eine Berechnung des Lehrerbedarfs soll bis Ende 2018 | |
vorliegen. | |
Meinung + Diskussion | |
13 Jul 2017 | |
## AUTOREN | |
Laura Weigele | |
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