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# taz.de -- Der Ball ist jung, klug und ziemlich talentiert
> u21 Die Europameisterschaft in Polen hat gezeigt: Nicht nur der
> Nachwuchsfußball von Überraschungssieger Deutschland ist so stark wie nie
> zuvor. Auch Länder wie Spanien, Portugal oder England beweisen, dass sie
> für die nächsten Jahre ein riesiges Potenzial haben
Bild: Tänzchen gewagt: Deutschlands Jungprofis feiern den 1:0-Finalsieg über …
aus Krakau Stefan Osterhaus
Neulich war wieder zu lesen: Der deutsche Fußball steht vor einer großen
Zukunft. Gut möglich, dass sie eintrifft, diese wunderbare Prophezeiung.
Aber warum sollte man eigentlich so lange warten? Die Gegenwart ist doch
gar nicht so schlecht. Noch vor zwei Wochen wäre die Prognose allerdings
nicht so günstig ausgefallen wie jetzt. Der sensationelle Titelgewinn der
U21-Junioren bei der EM in Polen verändert die Vorzeichen.
Sie setzten sich in einem Wettbewerb durch, der den zeitgleich stattfinden
Confed Cup als die Remmidemmi-Veranstaltung aussehen ließ, die sie ist.
Dass der Fußball, der in Polen gespielt wurde, teils begeisternde Qualität
aufweist, hat gute Gründe. Die führenden Nationen haben erkannt, dass früh
erlernte Wettkampfhärte später entscheidende Vorteile bringt. Spanien hat
als viermaliger Titelträger damit beste Erfahrungen gemacht. Über die
segensreichen Wirkungen von Deutschlands U21-Erfolg von 2009, als die
späteren Weltmeister Hummels, Özil, Boateng, Höwedes, Neuer und Khedira im
Finale England mit 4:0 wegfegten, sind schon ganze Regalmeter geschrieben
worden. Eine Blöße gaben sich die Deutschen 2013 bei der EM in Israel. Da
nominierten sie ohne Not eine Elf ohne die besten Spieler. Heute sind zwar
Leon Goretzka und Timo Werner, die noch gut und gerne spielen könnten, beim
Confed Cup mit dem A-Team unterwegs, aber auch ohne diese Prominenz ist der
neue Europameister eine Mannschaft von großem Talent. Mit Flügelstürmern
wie Serge Gnabry, Strategen wie Maximilian Arnold oder dem unermüdlichen
Jeremy Toljan auf der rechten Außenbahn. Auch der Berliner
Abwehrorganisator Niklas Stark und Torwart Julian Pollersbeck wurden unter
Trainer Stefan Kuntz, der im DFB wohl bis 2020 verlängern wird, von Spiel
zu Spiel besser.
Bei den jüngsten Turnieren deuteten sich stets Entwicklungen an: Vor zwei
Jahren gewannen die Portugiesen; ein Jahr später wurden drei von ihnen –
William Carvalho, João Mário und Raphaël Guerreiro – Europameister. In
Spanien ist die U21 traditionell ein Zulieferer für das A-Team; Thiago
hatte hier seine Bühne, genau wie David de Gea, Isco und Juan Mata.
Spanien, Sieger der Jahre 2011 und 2013, hat mittlerweile einen Stilwechsel
vollzogen. Nicht mehr die Kurzpassstafetten nach Barça-Lehre sind die
Mittel der Wahl, sondern schnelle, direkte Angriffe über wenige Stationen.
Das Spiel ist nicht mehr unverwechselbar, aber mindestens genauso
spektakulär. Die taktisch neu aufgestellte Equipe dominierte zunächst nach
Belieben, auch Italien wurde geschlagen.
Dass Deutschland im Finale ein überlegener Sieg gelang, lag nicht bloß am
Einsatz. Es war die taktisch beste Leistung aller Teams im Turnier.
Insofern ist der Titel auch ein Leistungsausweis der heimischen
Trainerschule, die längst in der Lage ist, die Strategen aus Spanien zu
neutralisieren und gar zu übertrumpfen.
Es waren nicht nur die Finalisten, die überzeugten. Dem Wettbewerbsmodus,
wonach nur die Gruppenersten und der beste Gruppenzweite (das waren die
Deutschen) weiterkamen, war es geschuldet, das die Portugiesen trotz zweier
überzeugender Siege nach Hause fahren mussten. Die 1:3-Niederlage gegen
Spanien im Gruppenspiel war ein Spektakel, wie man es im Spitzenfußball nur
selten zu sehen bekommt. Kultiviertes Passspiel ist mittlerweile längst
kein alleiniges Merkmal der Iberer. Geht es um Kombinationssicherheit und
präzise Pässe, waren die jungen Deutschen ebenso Weltklasse.
Ein Turnier der Entdeckungen war diese U21-EM dennoch nicht. Dass Jeremy
Toljan großes Potenzial hat, war bekannt, ebenso das Talent des Portugiesen
Bruma, der in Leipzig unterschrieben hat. Gleichwohl gab es Überraschungen:
nicht nur den Finalsieg der Deutschen; auch der englische Torwart fiel als
bester des Wettbewerbs auf. Jordan Pickford war Everton 34 Millionen Euro
wert. Er hielt besser als Italiens Superkeeper-Teenie Gianluigi Donnarumma
und strahlte eine Sicherheit aus, wie man sie in England zuletzt von Peter
Shilton gesehen hat. Pickford war der beste in einem hochgehandelten Team,
das enttäuschte. Er hat die Möglichkeiten, England die Torwartprobleme der
Vergangenheit vergessen zu lassen, was eine echte Sensation wäre. Auch eine
Verheißung dieser EM.
3 Jul 2017
## AUTOREN
Stefan Osterhaus
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