# taz.de -- heute in Bremen: „Zu unrecht in der Forensik“ | |
> Kongress Die psychiatriekritische Gruppe informiert über das Leben in der | |
> Psychiatrie | |
taz: Herr Ost, was kritisieren Sie an der Psychiatrie und Forensik in | |
Bremen? | |
Bernd Ost: Sie erfüllen nicht, für was sie gedacht sind. Viele kommen dort | |
kränker raus als sie vorher waren, besonders in der forensischen | |
Psychiatrie. Das merken selbst Anwälte, deren Klient*innen nach zwei Jahren | |
Psychiatrie sehr viel labiler sind als zu Beginn. | |
Woran liegt das? | |
Die Menschen werden nicht anhand ihrer Probleme begleitet, sondern müssen | |
sich repressiven Strukturen beugen. Protestieren sie dagegen, werden sie im | |
Beobachtungsraum viel zu schnell isoliert, anstatt das in einem Gespräch zu | |
klären. Ihr Leben besteht in einem Warten auf Anweisung. | |
Ein Aufenthalt in der Psychiatrie kann doch aber auch helfen? | |
Natürlich brauchen Menschen eine Therapie oder eine Resozialisierung. Es | |
ist auch wichtig, dass sie neue Strategien lernen. Forensik und | |
Zwangspsychiatrie können das aber nicht bieten. Zudem sitzen auch viele zu | |
unrecht in der Forensik. | |
Die ist für psychisch kranke StraftäterInnen doch die bessere Alternative | |
als das Gefängnis? | |
Mittlerweile landet jede*r vierte Verurteilte in der Forensik. Da sitzen | |
nicht nur MörderInnen oder Vergewaltiger, sondern auch Kleinkriminelle. Ich | |
kenne den Fall eines Minderjährigen, der wegen Drogenmissbrauchs dort | |
inhaftiert ist. Ich weiß nicht, ob dem das hilft, über Jahre eingesperrt zu | |
sein. | |
Sie sprechen auf Ihrem Kongress auch über alternative Strategien. Wie sehen | |
die aus? | |
Wir wollen Ortsgruppen, die sich kritisch mit dem Thema befassen, besser | |
vernetzen und für das Thema sensibilisieren. Viele Menschen haben ein ganz | |
falsches Bild von Forensik und Psychiatrie. Da wollen wir Aufklärungsarbeit | |
betreiben. Zudem werden wir eine nachhaltige Unterstützung in der Forensik | |
anbieten. Uns ist wichtig, dass wir dabei betroffenen Menschen auf | |
Augenhöhe begegnen. Es ist überhaupt ein Problem, dass psychisch Kranken | |
nichts zugetraut wird. | |
Darum haben Sie neben Psycholog*innen auch Betroffene eingeladen? | |
Genau, auch Angehörige kommen. Das hat uns gefreut, da wir nicht einfach | |
für andere Menschen Konzepte entwickeln wollen. Die Menschen, die es | |
betrifft, sollen das gestalten. | |
Interview Florian Schlittgen | |
Kongress: Freitag, ab 17 Uhr, Samstag, ab 11 Uhr, in der Blauen Karawane, | |
Am Speicher XI | |
30 Jun 2017 | |
## AUTOREN | |
Florian Schlittgen | |
## ARTIKEL ZUM THEMA |