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# taz.de -- Berliner Szenen: Speed-Dating
> Im Fetisch-Club
Zum Mittagessen treffe ich mich heute mit einer Kollegin im kleinen Café
gegenüber der taz. Da kann man draußen Pizza essen. Der Laden ist gut
besucht. Wir finden noch Plätze an einem Tisch, an dem bereits zwei junge
Männer auf ihr Essen warten. „Oh, das nennt man dann Speed-Dating“, grinst
der eine, als wir uns ihnen gegenüber hinsetzen. Sie sind mindestens zehn
Jahre jünger, tragen tadellos gebügelte weiße Hemden und akkurat
geschnittene Haare.
Während wir auf unser Essen warten, reden wir über Dienstliches, die
Kollegin und ich. Dann kommen zwei Salami-Pizzas für die Jungs. „Wer kriegt
die längere?“, fragt die Bedienung. Ich betrachte irritiert die beiden
identischen Pizzas. „Gibt’s da einen Unterschied?“, frage ich dann
vorsichtig. „Meine war länger im Ofen. Ich mag das gerne etwas krosser“,
kommt die Antwort von der anderen Tischseite. Ich sehe da keinen
Unterschied und sage das auch. „Doch, die ist viel dunkler am Rand“,
widerspricht die Kollegin. „Ah, ich hatte schon wieder Diskriminierungen
wegen meiner Herkunft befürchtet“, sagt der Krosse. Irgendwie ganz
charmant, der Typ. Und dann hat er noch dieses sexy umgeklappte Ohr. Ich
konzentriere mich wieder auf mein Gespräch und darauf, nicht den beiden
Männern zuzuhören. Wir sind gerade bei einem richtig ernsten Thema, als das
Wort „Fetisch“ fällt. Jetzt wird das mit dem Weghören schwierig.„Das ist
ein Fetisch-Club. Also, wenn dir das Probleme macht, dass Leute Sex auf der
Tanzfläche haben, bist du da eher nicht richtig“, erklärt der Krosse seinem
Kollegen.
„Moderne Großstädter sind schon besonderen Herausforderungen ausgesetzt“,
sagt die Kollegin, als die beiden sich höflich verabschiedet haben. „Wenn
die dann gesagt hätten, dass das nur ’n Witz war, hätten wir ja wenigstens
alle zusammen lachen können. Aber so?“ Gaby Coldewey
27 Jun 2017
## AUTOREN
Gaby Coldewey
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