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# taz.de -- Kündigung ins Klo
> Protest Hunderte demonstrieren gegen die Zwangsräumung des Kiezladens
> Friedel54 – diese soll am Donnerstag stattfinden
von Ivy Nortey
Um den Oranienplatz in Kreuzberg stehen einige Polizeieinsatzwagen. Es ist
Samstagabend, fünf Minuten vor neun: Mehrere 100 Menschen sind zur
Demonstration gegen die Verdrängung von Mietern aus deren Kiez und dem
Erhalt des Kiezladens Friedel54 gekommen. Sie setzen sich auf der
Oranienstraße in Richtung Neukölln in Bewegung. Vorneweg ein Banner auf dem
„Immer Stadt von unten aufbauen“ steht. Dazu halten Demonstranten
Aktionsschilder hoch. „Potse bleibt“, „Lausitzer bleibt“ – man
solidarisiert sich mit bedrohten Hausprojekten in Friedrichshain und
Kreuzberg. „Etwa 440 Einsatzkräfte der Polizei sind zugegen, die Stimmung
ist ruhig“, sagt ein Sprecher der Polizei.
Aufgerufen zur Demonstration hat das Bündnis um die Friedelstraße 54,
unterstützt von politischen und linken Initiativen. Das Haus wurde 2015 an
einen Wiener Investor verkauft. Der hat dem Laden im Erdgeschoss gekündigt,
nach 13 Jahren „Friedel54“: sozialer Treffpunkt im Kiez, Umsonstladen und
Druckwerkstatt. Nun droht die Zwangsräumung. Nach zwei Jahren Kampf um den
Erhalt, mit allen erdenklichen Mitteln, steht der Termin fest – Donnerstag,
9 Uhr.
Nach wenigen Metern der erste Zwischenstopp für eine Kundgebung in der
Oranienstraße 35. Dem dort gelegenen Oranien Spätkauf und der
Änderungsschneiderei nebenan droht ebenfalls der Rausschmiss. Für die
doppelte Miete darf die Schneiderei bleiben, sagt Redner Markus
Kammermeier, von den Initiativen Bizim Kiez und Ora36. „In unsrem Kiez ist
Krieg, Krieg der perfiden Verdrängung“, sagt eine zweite Rednerin. „Wir
bleiben alle!“, ruft sie. „Miete verweigern, Kündigung ins Klo. Häuser
besetzen sowieso“, antwortet die Menschenmenge.
In schnellem Tempo zieht der Zug über die Skalitzer-, Lausitzer- und
Glogauerstraße an frisch sanierten Fassaden vorbei, zum Ziel, dem
Reuterplatz in Neukölln. Auf dem Weg dorthin steigen in der Friedelstraße
54 Feuerwerkskörper vom Dach. „One struggle, one fight, Friedel 54 bleibt“,
tönt es dazu.
Eigentlich wollte die Hausgemeinschaft der Friedelstraße 54 das Haus selbst
kaufen. Die Verhandlungen mit den Investoren, unter Beteiligung von
Bezirksbürgermeisterin Franziska Giffey (SPD), scheiterten, weil das Haus
währenddessen an eine luxemburgische Immobilienfirma weiterverkauft worden
war. Diese fährt denselben Kurs: Mieter raus, sanieren, teuer neu
vermieten. Gegen diese Verdrängung wollen sich die Demonstrierenden wehren.
Gegen 22 Uhr endet die Demo friedlich. Die Teilnehmer mischen sich unter
Nachtschwärmer und Besucher des Kunstfestivals 48 Stunden Neukölln.
26 Jun 2017
## AUTOREN
Ivy Nortey
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