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# taz.de -- nachwuchs Vor der U21-EM in Polen stellt sich eine Frage: Was kann …
Autoritär wird er wohl nicht auftreten. Denn Stefan Kuntz hat schon
angekündigt, dass seine Mannschaft auf dem Feld viele Freiheiten haben
wird. Kuntz ist Trainer der U21, und als solcher gibt er sich sehr
bescheiden. Es gehe gar nicht darum, einen eigenen Stil zu entwickeln,
nein, die Spielidee des Nationalteams unter Joachim Löw sei verbindlich.
Am Sonntag tritt Deutschland gegen Tschechien an. Das Team ist nicht
schlecht: Davie Selke, der von Leipzig nach Berlin kam; Mahmoud Dahoud, der
von Gladbach nach Dortmund wechselte; Serge Gnabry, der Neu-Bayer, dazu die
Hoffenheimer Jeremy Toljan und Nadiem Amiri.
Und doch will niemand allzu laut vom EM-Titel sprechen, was vor allem mit
Stefan Kuntz zu tun hat. Was kann er als Trainer? Ist einer wie er
überhaupt noch zeitgemäß, wenn es um ein so kostbares Gut wie den Nachwuchs
geht?
Dass allenthalben gezweifelt wird, hat damit zu tun, dass Kuntz dem
Zeitgeist nicht entspricht. Kuntz ist vor allem eines nicht: ein
Fußballlehrer, wie er nach Doktrin des DFB beschaffen sein müsste. Bis vor
Kurzem war er Klubchef in Kaiserslautern, wo ihm mehr als zwei Drittel der
Mitglieder die Entlastung verweigerten. Er war ein durchaus versierter
Sportchef in Bochum, aber seine Stationen als Trainer in Mannheim und
Karlsruhe waren keine nennenswerte Erfolge.
Kuntz ist ein Mann der alten Schule, als Stürmer Europameister von 1996.
Seine Autorität speist sich aus Erfolgen, aus seiner Gabe, überzeugend zu
reden. Und doch fügt sich Kuntz auf sonderbare Weise in die jüngste
Geschichte der DFB-Nachwuchsteams. Als Referenz gilt keiner aus der
Generation der sogenannten Laptoptrainer, sondern Horst Hrubesch, der im
letzten Jahr mit dem Nachwuchs bei Olympia Silber gewann. In einer Zeit, in
der die Sportwissenschaft mehr und mehr Einfluss auf den Fußball gewinnt,
in der Datenanalysen eine immer größere Rolle spielen und mancher den
Eindruck zu erwecken versucht, der Fußball sei als Spiel so komplex wie die
Astrophysik, wirkte Hrubesch wie ein Anachronismus. Am Erfolg hinderte es
ihn nicht. Seine Arbeit mit dem Nachwuchs wies weit über die Junioren
hinaus.
2009 gewann er mit damals meist unterschätzten Spielern den Titel in
Schweden. Manuel Neuer, Sami Khedira, Mats Hummels, Jérôme Boateng und
Mesut Özil gehörten zum Stamm, sie wurden fünf Jahre später in Brasilien
Weltmeister. Aber auch Hrubesch hatte nicht nur Erfolge vorzuweisen. Als er
2013 nach dem Scheitern bei der EM in Israel zurückgeholt wurde, übernahm
er eine Gruppe teils schnöseliger Jungprofis. Sie zu erreichen war nicht
einfach; das Team scheiterte bei der EM 2015 im Halbfinale gegen Portugal
mit 0:5. Unvergessen der Ausspruch von EmreCan: „Vielleicht dachte ich, ich
sei der Größte.“ Ganz anders kam Hrubesch bei Olympia im letzten Jahr mit
den Außenseitern von der U23 zurecht – sie erspielten sich Silber.
Dass Stefan Kuntz weder ein anerkannter Profitrainer noch ein mutmaßliches
Taktikgenie ist, muss demzufolge bei einem U21-Team kein Manko sein. Denn
schon Hrubesch hat ja belegt, dass Fußball zumindest im Nachwuchsbereich
manchmal ein recht einfaches Spiel sein kann.
Stefan Osterhaus
17 Jun 2017
## AUTOREN
Stefan Osterhaus
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