# taz.de -- Portrait: Die Tortenwerferin | |
Bild: Antifaschistin Lovis S.: hält nicht viel von Parteipolitik | |
Lovis S. geht lieber in den Knast, als 150 Euro an den Staat zu bezahlen. | |
Das Kieler Amtsgericht hatte die 22-Jährige am Montag zu der Geldstrafe | |
verurteilt, weil sie im November eine Torte auf die stellvertretende | |
AfD-Bundesvorsitzende Beatrix von Storch geworfen hatte. „Ich sehe es nicht | |
ein, für legitimen Widerstand Geld zu bezahlen“, sagt S. Sie wolle zeigen, | |
dass das Gericht Menschen für legitime Widerstandshandlungen einknastet. | |
Konfliktscheu ist S. nicht: Zu dem Prozess war es überhaupt erst gekommen, | |
weil sie Einspruch gegen den Strafbefehl der Staatsanwaltschaft erhoben | |
hatte. S., die sich seit sechs Jahren politisch engagiert, sagte im | |
Prozess: „Ich möchte mich bei den Aktionsformen, die ich wähle, nicht daran | |
orientieren, was gesetzlich anerkannt wird.“ Politischer Widerstand sollte | |
einzig daran bemessen werden, ob er moralisch legitim sei. Der | |
AfD-Politikerin habe sie signalisieren wollen, dass jemand, der wie von | |
Storch fordert, Geflüchtete an der Grenze zu erschießen, keine Bühne haben | |
dürfe. | |
Die 22-jährige Antifaschistin, die in Pinneberg aufwuchs und seit acht | |
Jahren in Kiel lebt, fühlt sich keiner Politszene zugehörig, sondern | |
engagiert sich als Einzelperson für Klima- und Umweltschutz. Als prägend | |
für ihre Politisierung beschreibt sie Gespräche beim Frühstück mit ihrem | |
Opa, der von seiner Zeit bei der 68er-Bewegung erzählte. | |
Die Pädagogik- und Informatikstudentin war vor einigen Jahren mal bei der | |
Grünen Jugend aktiv, merkte aber schnell, dass Parteipolitik nichts für sie | |
ist. „Ich will mich herrschaftsfrei organisieren und auf Augenhöhe“, sagt | |
sie, „das passiert in Parteien nicht.“ Stattdessen klettert S. lieber auf | |
Kräne oder Bäume, um Transparente aufzuhängen, besetzt Bagger wie bei der | |
Klimaaktion „Ende Gelände“ oder fährt zu einem Anti-Atom-Camp. | |
Zu dem Tortenwurf kam S. letztlich, weil sie radikal ehrlich war: Als | |
Beatrix von Storch im November in Kiel auftrat, mussten ZuschauerInnen sich | |
am Eingang kontrollieren lassen. Auf die Frage von S., wozu die Kontrollen | |
dienten, hätten die Securitys geantwortet: „Wegen Torten.“ S. habe | |
entgegnet, dass sie eine dabei habe. Die KontrolleurInnen hielten das wohl | |
für einen Scherz und ließen sie mitsamt ihrem Korb, in dem die Torte aus | |
Rasierschaum und Bisquit war, rein. S. ist der Meinung: „Keine | |
AfD-Politiker*in sollte ohne die dazugehörige Torte eine Bühne betreten | |
können.“ Katharina Schipkowski | |
14 Jun 2017 | |
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