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# taz.de -- Manifest der Dummheit
> Street-Art Wenn rechte Parolen gewinnen:ein neues Muralvon Shepard
> Faireyin Schöneberg
Bild: Shepard Fairey, NO Future, 2017
Lange schon ist es um die einstige Street-Art-Metropole Berlin still
geworden – und das, obwohl über die ganze Stadt verteilt immer mehr legale
Murals zu entdecken sind.
Allerdings waren es in den vergangenen Jahren vor allem schrille
Werbegraffiti – oder vielleicht besser gesagt – „Artvertorials“ im Auft…
multinationaler Konzerne, die mit coolen Slogans und einem alternativen
Look vor allem eine Intention hatten: einer hippen Zielgruppe zukünftige
Konsumentscheidungen vom Kopfhörer über das nächste Bierchen bis hin zum
zukünftigen Mittelklassewagen zu erleichtern.
Und falls man doch einmal das Glück hat, auf eine werbefreie Gestaltung zu
stoßen, verbirgt sich dahinter oftmals das als gemeinnützig angepriesene
Ziel, eine Schmuddelecke für finanziell solide junge Großstädter attraktiv
zu machen, so wie es gerade im Westberliner Stadtteil Schöneberg passiert.
Die einst für die subkulturelle Avantgarde und den kreativen Widerstand
gefeierte Kulturmetropole Berlin hat sich zum kreativen Spielfeld der
Werbeindustrie und der Immobilienspekulanten gewandelt.
Doch seit wenigen Tagen wird das Stadtbild endlich wieder durch ein
großformatiges künstlerisches Statement bereichert, das in Schöneberg, in
der Ecke hinter dem LSD-Haus, zur gesellschaftlichen Solidarität gegen
Populismus aufruft.
Das über 20 Meter hohe Mural wurde von einem der international wichtigsten
Akteure der Street-Art-Bewegung – Shepard Fairey aka Obey Giant –
realisiert und trägt den Titel „NO Future“. Der Künstler und Politaktivis…
dessen subkulturelle Wurzeln im Punkrock liegen, bezieht sich damit auf das
Lied „No Future“ der Sex Pistols, das öffentlich unter dem Titel „God Sa…
The Queen“ bekannt wurde. Ein Aufruf an das Volk, sich nicht länger von den
Herrschenden bevormunden zu lassen.
Das Motiv entstand als Reaktion auf die Präsidentschaft von Donald Trump in
den USA, welcher sich bereits im Wahlkampf durch faschistische Parolen
gegen Flüchtlinge, Latinos, Muslime und Minderheiten profiliert hat, wobei
diese Art von politischem Populismus, wie der Künstler sagt, aktuell leider
ein globales gesellschaftliches Problem darstellt.
Die Schlagzeile der im Motiv abgebildeten Zeitung bezieht sich auf einen
Witz, den Shepard Fairey immer wieder während des Wahlkampfs von Donald
Trump angeführt hat: „Sein Wahlmotto sollte eigentlich lauten: ‚Manifest
Density‘ (‚offensichtliche Dummheit‘)“ – eine Parodie auf die durch w…
Siedler im 19. Jahrhundert verkündete Doktrin „Manifest Destiny“
(„offensichtliche Bestimmung“) und ihre Bedeutung, dass es Gottes Wille
gewesen sei, der sie auf ihre Boote gesandt habe, um die Welt von Ozean zu
Ozean zu erobern.
Obwohl sich der Entwurf des Murals in seiner Entstehung auf Donald Trumps
Wahlsieg bezog, ist es aber egal, wer im Weißen Haus sitzt, so sagt der
Künstler, solange die globale Politik von der unersättlichen Gier von
Konzernen und der Finanzindustrie bestimmt wird.
Sebastian Pohl
8 Jun 2017
## AUTOREN
Sebastian Pohl
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