| # taz.de -- nord.thema: Messe sucht Nachwuchs | |
| > BILDUNGSMESSE Auf der Ideen-Expo 2017 in Hannover wollen rund 250 | |
| > Unternehmen, Hochschulen, Schulen und Verbände dem Fachkräftemangel im | |
| > technisch-mathematischen Bereich entgegenwirken – und besonders Frauen | |
| > von sich überzeugen | |
| Bild: Damit sie auf dem Weg in die Zukunft noch schneller sind: Auf der diesjä… | |
| von Lena Eckert | |
| Spaß haben und sich dabei für naturwissenschaftliche und technische Berufe | |
| begeistern – das sollen die BesucherInnen der Ideen-Expo. Zum sechsten Mal | |
| findet die Bildungsmesse vom 10. bis zum 18. Juni in Hannover statt. Auf | |
| 100.000 Quadratmetern Ausstellungsfläche des Messegeländes stellen sich | |
| rund 250 Unternehmen, Hochschulen, Schulen und Verbände vor. Ziel sei es, | |
| „Schüler und Schülerinnen möglichst früh für technische und | |
| naturwissenschaftliche Berufe zu begeistern und so dem Fachkräftemangel | |
| entgegenzuwirken“, sagt Natascha Manski, Sprecherin der Ideen-Expo. | |
| Die BesucherInnen sollten erfahren, dass die präsentierten Berufe „nicht | |
| nur Spaß machen, sondern auch aussichtsreich sind“, erklärt Manski. Unter | |
| dem Motto „Mach doch einfach“ werden rund 650 Workshops und Vorträge | |
| präsentiert – zum großen Teil von Auszubildenden. | |
| Besonders wichtig sei es, das Interesse junger Frauen für Mint-Berufe zu | |
| wecken, sagt Manski. Mint steht für die Bereiche Mathematik, Informatik, | |
| Naturwissenschaften und Technik. Auf der Messe gibt es ausschließlich an | |
| junge Frauen gerichtete berufsorientierende Führungen von weiblichen | |
| Scouts. Darüber hinaus wird es das Girls-Mint-Camp geben, in dessen Rahmen | |
| auch die bundesweite Initiative „Komm, mach Mint“ vertreten sein wird. Sie | |
| setzt sich für Frauen in Mint-Studiengängen und -Berufen ein. | |
| Einen langen Weg nehmen die Beteiligten des Projekts Cyber-Mentor auf sich, | |
| um ebenfalls im Girls-Mint-Camp präsent zu sein: Die | |
| Cyber-Mentor-OrganisatorInnen reisen von den Unis Erlangen-Nürnberg und | |
| Regensburg an. In dem Programm werden Schülerinnen an weiterführenden | |
| Schulen ein Jahr lang über eine außerschulische Online-Plattform von Frauen | |
| in Mint-Berufen begleitet. Über diese Möglichkeit möchten die | |
| Mitarbeiterinnen interessierte Schülerinnen auf der Ideen-Expo informieren. | |
| Und sie führen unterschiedliche Mint-Experimente durch. Da geht es zum | |
| Beispiel um die Herstellung von Sand, der sich nicht mit Wasser verbindet. | |
| „Viele Mädchen trauen sich trotz ihres Interesses am Mint-Bereich nicht, | |
| ein Studium oder eine Ausbildung im Mint-Bereich zu ergreifen“, sagt | |
| Projekt-Mitarbeiterin Nicole Dutschmann vom Lehrstuhl für pädagogische | |
| Psychologie und Exzellenzforschung in Nürnberg. „Wir möchten den Mädchen | |
| zeigen, wie vielfältig Mint ist und welche tollen Frauen im Mint-Bereich | |
| arbeiten.“ | |
| Als „lebendiges Beispiel“ dafür, dass die Idee der Messe funktioniert, | |
| bezeichnet sich Carmen Fricke. In der Schule sei sie „nicht besonders | |
| weitsichtig“ und „eher orientierungslos“ gewesen, sagt die 26-Jährige. B… | |
| der Ideen-Expo 2009 traf sie auf einen Studenten, der sie über das duale | |
| Studium beim Volkswagen-Konzern informierte. „Zuerst habe ich mich gefragt: | |
| Kann ich das überhaupt als Mädchen?“, erzählt Fricke. Doch inzwischen weiß | |
| sie, dass auch Jungen das Drehen und Fräsen erst lernen müssen. 2014 | |
| schloss sie ihr Maschinenbaustudium ab, heute arbeitet sie in der | |
| Lackiererei bei VW und sieht sich auch in Zukunft dort. | |
| So nachhaltig wie bei Fricke wirkt die Messe wohl nicht immer, befürchtet | |
| Jochen Bartling. Er ist der Sprecher des Blinden- und | |
| Sehbehindertenverbandes Niedersachsen, der auf Einladung der | |
| VeranstalterInnen bereits zum zweiten Mal aufder Messe vertreten ist. „Es | |
| wäre natürlich sinnvoll, wenn wir uns drei Stunden lang in Ruhe mit einer | |
| Schulklasse beschäftigen könnten“, sagt Bartling. „Auf der Messe hat alles | |
| eher einen Durchlaufcharakter.“ | |
| Dennoch will der Verband die Gelegenheit nutzen, den Kontakt zwischen | |
| Blinden und Sehenden herzustellen und die Möglichkeiten der Inklusion | |
| aufzuzeigen – auch im Berufsleben. Er bietet das Projekt „Sagenhaftes | |
| Niedersachsen“ an. Mit verbundenen Augen hören die Teilnehmenden über | |
| Kopfhörer die Beschreibung einer niedersächsischen Sagenfigur wie zum | |
| Beispiel Klaus Störtebeker und müssen den Namen dieser Figur erraten und | |
| sie durch Ertasten identifizieren. | |
| Seit 2007 findet die Ideen-Expo alle zwei Jahre statt. Kontinuierlich hat | |
| sie an Bedeutung gewonnen. Rund 351.000 BesucherInnen kamen 2015. „Fast | |
| jeder zweite von ihnen kommt nicht aus Niedersachsen“, sagt Natascha | |
| Manski. Unter der Woche besuchen hauptsächlich Schulklassen und ihre | |
| Lehrkräfte die Messe, an den Wochenenden Familien. Rund 235.000 der | |
| BesucherInnen der Ideen-Expo 2015 waren Jugendliche, knapp 18.000 | |
| Studierende. Das geht aus einer Umfrage des Innovationsforschungsinstituts | |
| E-Mares hervor. Die meisten der Jugendlichen, nämlich rund 193.000, | |
| besuchten demnach die siebte bis dreizehnte Klasse. | |
| „Die Messe ist für Unternehmen eine Möglichkeit, ihren Nachwuchs zu | |
| sichern“, sagt Manski. Das ist vor allem für Handwerksbetriebe relevant. | |
| „Das Handwerk sucht händeringend Nachwuchs“, ergänzt Christine Seeger, | |
| Sprecherin der Handwerkskammer Hannover. | |
| Von Anfang an war die Kammer bei der Messe dabei und präsentiert in diesem | |
| Jahr zum dritten Mal das „Abenteuer Werkstatt“. Zwischen 3.000 und 4.000 | |
| Interessierte nahmen in der Vergangenheit jeweils daran teil. In diesem | |
| Jahr soll es um vier „Materialwelten“ gehen: Textil, Metall, Elektro und | |
| Gips. Auf 150 Messe-Quadratmetern können die BesucherInnen ein kleines | |
| Produkt fertigen und mit nach Hause nehmen. Wer lieber ein großes Produkt | |
| möchte, geht auch nicht leer aus: So können Jugendliche ab 14 Jahren in | |
| anderthalb Stunden einen Holzrahmen für ein Laufrad entwerfen, aussägen und | |
| gestalten. | |
| „Wir möchten deutlich machen, dass das Handwerk nicht altmodisch und oll | |
| ist“, sagt Seeger. Es gebe Handwerksberufe, die vom Fachkräftemangel | |
| besonders betroffen seien: „Auch der Beruf des Elektronikers gehört dazu. | |
| Da kann sich aber niemand vorstellen, dass es bei einem so bekannten Beruf | |
| einen Mangel gibt“, betont Seeger. Andere Berufe seien hingegen zu | |
| unbekannt, um nachgefragt zu werden – das gelte etwa für die Ausbildung zum | |
| Kälte- und Klimamechatroniker. Aber Seeger betont: „Einen gewissen | |
| Nachwuchsmangel gibt es bei allen Handwerksberufen“. | |
| Eine hohe Anzahl an Bewerbern hat hingegen die Salzgitter AG, die, wie | |
| Niedersachsen-Metall, Volkswagen und das Bundesministerium für Wirtschaft | |
| und Energie, zu den Hauptförderern der Ideen-Expo 2017 gehört. Dennoch | |
| möchte die AG den BesucherInnen auf der Messe „Ideen und Vorstellungen von | |
| der Vielfältigkeit der Jobmöglichkeiten“ vermitteln, stellt deren | |
| Kommunikationsbeauftragter Olaf Reinicke fest. | |
| Ebenfalls zu den Hauptförderern der Messe gehören der Verband der | |
| Chemischen Industrie Nord und der Arbeitgeberverband Chemie Nord. Gemeinsam | |
| mit elf norddeutschen Chemieunternehmen werden sie unter dem Motto „Chemie | |
| verbindet“ zum sechsten Mal auf der Messe anwesend sein. Auf ihrer | |
| Ausstellungsfläche können die BesucherInnen Kupferanoden gießen, Batterien | |
| bauen, Salzwasser aufbereiten oder Reinigungsmittel herstellen. | |
| „Nach der Messe gehen wir jedes Mal mit der Gewissheit nach Hause, für die | |
| Chemie und ihre spannenden Ausbildungsberufe begeistert zu haben“, betont | |
| Renate Klingenberg, stellvertretende Geschäftsführerin des VCI Nord. Wie | |
| viele der Bewerbungen auf Ausbildungsplätze bei den Mitgliedsunternehmen | |
| des Verbandes direkt auf die Ideen-Expo zurückzuführen sind, wird nicht | |
| gemessen. „Aber wir wissen, dass unsere Unternehmen auf jeder Ideen-Expo | |
| sehr viele interessante Gespräche mit Jugendlichen, Eltern und Lehrern | |
| führen und Kontaktdaten austauschen“, sagt Klingenberg. | |
| Als „das größte Klassenzimmer der Welt“ wird die Messe oft bezeichnet. Das | |
| liegt nicht nur an der großen Zahl der Angebote, sondern auch an ihrer | |
| Vielfältigkeit. „Auf der IdeenExpo geben wir einer großen Bandbreite von | |
| Partnern die Möglichkei, mitzuwirken“, erläutert Manski. Sie fügt hinzu: | |
| „Uns allen geht es darum, naturwissenschaftliche Zusammenhänge auf ganz | |
| verschiedene Weise begreifbar zu machen.“ | |
| 3 Jun 2017 | |
| ## AUTOREN | |
| Lena Eckert | |
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