# taz.de -- taz-Genossenschaft Die Leser*innen ermöglichen mit ihrem Geld, das… | |
von Kornelia Gellenbeck | |
Zwei Tage nach dem Tod von Benno Ohnesorg schrieben Studierende der Freien | |
Universität Berlin ein Statement: „Wir stehen fassungslos vor der Lüge der | |
Polizei, die den Mord als Notwehr bezeichnet … Wir stellen unsere Ohnmacht | |
fest, in Anbetracht der meisten Berichte in den Kommunikationsmitteln | |
Berlins. Wir hoffen, daß endlich Journalisten die Wahrheit berichten.“ | |
Vieles hat sich in der Presselandschaft seit dem Sommer 1967 geändert: Es | |
würde heute, zum Beispiel, keine zwei Tage dauern, bis Berichte | |
veröffentlicht, Meinungen gefasst sind. Die gedruckten Ausgaben der | |
Zeitungen haben heute nicht mehr die zentrale Bedeutung für die Verlage wie | |
in der Nacht, in der die Demonstrierenden die Auslieferung der Bild-Zeitung | |
in Berlin verhinderten. Papierlos und ohne Zeitverzögerung vermitteln | |
Online-Portale nun Nachrichten und Einschätzungen. | |
Im Kern ist die Unabhängigkeit der Presse auch im digitalen Zeitalter der | |
Schlüssel zu einer demokratischen Gesellschaft. Letztlich wurde die taz | |
1978 deshalb gegründet. 1992 forderten tazler*innen ihre Leser*innen auf, | |
Genoss*innen zu werden und ihre eigene Zeitung so vor der Insolvenz zu | |
retten. Binnen weniger Wochen wurden 3.000 Leser*nnen Miteigentümer*innen | |
ihrer Zeitung. Die taz hat schon immer auf die Unterstützung und | |
Solidarität ihrer Leser*innen gesetzt – heute würde man die Anfänge ein | |
Crowdfunding-Projekt nennen – und damit übernehmen jene Verantwortung für | |
die taz und deren ökonomischen Erfolg, die die publizistische | |
Unabhängigkeit der Medien wertschätzen. So entsteht ein wertvolles, weil | |
auf Respekt gegründetes Verhältnis zwischen Leser*innen und | |
Zeitungsproduzent*innen. | |
## Verantwortung der Antrieb, Optimismus der Motor | |
Die taz-Genossenschaft ist ein Vierteljahrhundert gelebte Solidarität. | |
Verantwortung ist der Antrieb, Optimismus der Motor dieser Bewegung. Als | |
die taz von einem Verein zu einer Genossenschaft wurde, waren die Prognosen | |
mittelgrau bis düster, die Idee der Genossenschaft wurde belächelt. Auch | |
bei der Gründung der taz Panter Stiftung 2008 gab es keinen großen | |
Geldgeber oder Mäzen, sondern 800 Menschen, die ihr Geld für eine gute | |
Sache stifteten. Und voriges Jahr gaben 600 Genoss*innen 120.000 Euro, um | |
für ein Jahr taz.gazete, das deutsch-türkische Onlineportal der taz, zu | |
finanzieren. | |
Alle diese Beispiele zeigen: Die Unterstützung unserer Leser*innen ist ein | |
zentrales Mittel der unternehmerischen Mitwirkung und gesellschaftlichen | |
Gestaltung. Aber bedeuten Geldgeber*innen nicht immer auch Abhängigkeiten, | |
auch wenn es Leser*innen und Unterstützer*innen sind? Können | |
Genossenschaftsmitglieder erzwingen, dass die Berichterstattung der taz | |
nach ihren Wünschen ausfällt? | |
Satzungsgemäß hat jedoch niemand in der Genossenschaft ein direktes | |
redaktionelles Mitspracherecht. Wir erhalten eine „politische Rendite“, hat | |
ein ehemaliger Aufsichtsrat gesagt. Das trifft es gut: Am Ende des Tages | |
geht es uns allen um die publizistische Unabhängigkeit. Bei Konflikten, wie | |
zum Beispiel in der Frage, ob die taz Anzeigen der Bundeswehr drucken darf, | |
stellen wir unter unseren Mitgliedern ein Meinungsbild her. Dass diese Form | |
der Partizipation für Redaktion und Verlag ein bedeutendes Instrument, aber | |
keine bindende Abstimmung ist, ist selbstverständlich. | |
Die taz wird es so lange geben, wie es Menschen gibt, die wollen, dass es | |
uns gibt. Und je mehr die Genossenschaft wächst, desto sicherer wird die | |
Position der taz in einem sich radikal wandelnden Markt. | |
24 May 2017 | |
## AUTOREN | |
Konny Gellenbeck | |
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