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# taz.de -- taz. thema : Kräuter und Blüten zu Bränden
> Hochprozentig Kleine Brennereien in Berlin und Brandenburg destillieren
> spannende Spirituosen. Neben Spreewaldgurken wachsen auch andere Zutaten
> dafür im Umland
Bild: „Der Absinth-Trinker“, Gemälde von Viktor Oliva aus dem Jahr 1901
von Volker Engels
Von Vincent van Gogh, Ernest Hemingway oder Oscar Wilde weiß man, dass sie
leidenschaftliche Absinthtrinker waren. Inzwischen könnten sie ihrer
Leidenschaft auch mit einem Absinth aus Berlin frönen. Denn in der
Hauptstadt wird das Getränk, dem zahlreiche Künstler auch in ihren Bildern
ein Denkmal gesetzt haben, seit zwei Jahren in kleiner Auflage produziert.
Und zwar buchstäblich hausgemacht. In der heimischen Küche von Marco
Rüdiger steht auf einem Stahltisch ein Destillator, mit dem er „La
Berlinoise“ herstellt. Zusammen mit seinem Schweizer Kompagnon Christian
Mock hat er „lange an der Rezeptur von Berliner Bränden gearbeitet und viel
ausprobiert“, um ein ausgewogenes Verhältnis der Kräuter zu finden, die dem
Absinth ihren typischen Geschmack geben. Neben Wermut gehören Anis,
Fenchel, Ysop und Melisse zu den Inhaltsstoffen. Und natürlich Bio-Alkohol,
der aus dem Schwarzwald kommt. „Unser Absinth ist zwar noch nicht
biozertifiziert, wir nutzen aber ausschließlich Zutaten aus biologischem
Anbau.“ Der Strom kommt aus erneuerbaren Energien. Die feinen Aromen, die
dem Absinth seinen Geschmack verleihen, ziehen auch durch das Rixdorfer
Treppenhaus von Marco Rüdiger: „Wenn man das Haus betritt, duftet es nach
Fenchel und Anis.“ Gelagert werden die Flaschen, natürlich mit behördlicher
Genehmigung, unter der Treppe.
Auch ohne den Zusatz von Wasser lässt sich der 53-Prozenter trinken. „La
Berlinoise“ ist kein klassischer Bitterabsinth, man kann die ätherischen
Öle im weichen Abgang herausschmecken“, erzählt Rüdiger. In der Regel wird
dem Absinth vor der Verkostung aber Wasser zugesetzt: „Das eiskalte Wasser
langsam eingeträufelt, so können sich die im Alkohol gelagerten Öle in eine
Emulsion auflösen.“ Wer tiefer in die Welt des Absinths eintauchen will,
hat beim Berliner Craft Spirits Festival Anfang April dazu die Gelegenheit.
Unter dem Motto „Absinth, wie viel Mystik braucht ein Getränk?“ referieren
Marco Rüdiger und sein Kollege Christian Mock über die Geschichte des
Absinths. „Um angeschnittene Ohren“, sagt er augenzwinkernd mit Blick auf
den Maler van Gogh, „wird es dabei auch gehen.“
Vincent Honrodts Leidenschaft an regional produzierten Bränden liegt sicher
auch in seiner Familiengeschichte begründet: „Mein Urgroßvater Ernst war in
den 30er Jahren Direktor einer Zuckerfabrik in der Nähe von Berlin. Damals
brannte der Urgroßvater Spirituosen aus regionalen und hochwertigen
Ingredienzen für Freunde und Familie“, erzählt der Gründer und
Geschäftsführer der „Berliner Brandstifter“. Auch mit dem „Berlin Dry G…
will der gebürtige Berliner Honrodt diese Tradition fortsetzen. „Ich finde
den Ansatz, auf regionale Zutaten zu setzten, sehr spannend.“ Für ihren
Berliner Gin verwenden die „Brandstifter“ handgepflückte Blüten und
Zutaten, die von einem Hof in Berlin-Gatow stammen. Der Geschmack von
Wacholder sowie Holunder- oder Malvenblüten findet sich in dem Gin genauso
wieder wie das Aroma von Waldmeister. „Wir wollten diese Düfte und
Geschmäcker in die Flasche bringen.“ Abgefüllt und nummeriert werden die
Flaschen per Hand.
Der Basisalkohol stammt aus dem Weizendestillat des Kornbrands. Pflanzliche
Zutaten unterliegen eben auch natürlichen Schwankungen, wie zum Beispiel
Sonnenschein oder Regenmengen. „Das kann dazu führen, dass ein Gin andere
Geschmacksnuancen ausbildet als sein Nachfolger im nächsten Jahr“, sagt
Horondt. Das sei ähnlich „wie bei guten Weinen“. Das Konzept überzeugt
offensichtlich auch weit über den Berliner Raum hinaus: Im vergangenen Jahr
bekamen die „Brandstifter“ bei der „New York International Spirits
Competition“ in New York eine Goldmedaille als bester deutscher
Ginproduzent des Jahres.
Auch ein wenig geschulter Gaumen erkennt sofort, wer die Federführung bei
diesem geistigen Getränk übernommen hat: Knoblauch. Godehard Lies Inhaber
der Spreewälder Spirituosen Manufaktur in Neuhausen, nutzt in Brandenburg
geräucherten Knoblauch für seinen Spreewälder Knoblauchgeist. „Vor rund
drei Jahren habe ich erstmals eine Probe mit Räucherknoblauch hergestellt,
verkostet und für gut befunden.“ Durch das Räuchern verliere der Knoblauch
seine Schärfe, „es entsteht ein mild-rauchiges Aroma“, das dem
„Knoblauchgeist“ seinen typischen Charakter verleiht. Experimente mit
Zutaten, die zumindest für Spirituosen nicht alltäglich erscheinen, sind
für den gelernten Destillateur, der 20 Jahre in der „Cottbuser Konsum
Kornbrand- und Likörfabrik Melde“ gearbeitet hat, nichts Neues: „Ich habe
unter anderem einen Gurkenlikör im Sortiment, der wie frischer Gurkensalat
schmeckt und riecht.“ Daher passe auch der Spreewälder Knoblauchgeist „sehr
gut ins Portfolio hinein“.
www.la-berlinoise.de
www.berlinerbrandstifter.com
www.spreewald-praesente.de
25 Mar 2017
## AUTOREN
Volker Engels
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