# taz.de -- nord.thema: Zu Gast bei fremden Freunden | |
> Trend Supper-Klubs verbinden die Vorzüge des Auswärtsessens mit der | |
> intimen Atmosphäre eines geselligen Mahls in der privaten Wohnung von | |
> Bekannten | |
Bild: Bei Mattukats zum Beispiel ist man in Bremen auf Anfrage und gegen Unkost… | |
von Pia Siber | |
Festlich essen und neue Leute kennenlernen – das geht in Supper-Klubs. Das | |
ist eine Alternative zu Restaurants, eine privatere und weniger normierte | |
Art, auswärts zu essen. Etabliert sind sie schon in den größeren Städten, | |
in Hamburg, in Hannover und in Bremen. Aber auch die Braunschweiger | |
„Gerüchteküche“ ist fast immer Monate im Voraus [1][ausgebucht], und eben… | |
hat der Trend in Oldenburg Fuß gefasst: Der dortige Supper-Klub lädt zu | |
einem ausgesprochen fleischlastigen [2][Fünf-Gänge-Menü an Karfreitag], | |
wenn die traditionellen Restaurants meist dicht haben. Im Supper-Klub aber | |
öffnen die GastgeberInnen ihre Wohnung und bewirten Fremde am eigenen | |
Küchentisch. | |
Ganz neu ist die Idee nicht. Schon seit einigen Jahrzehnten gibt es diese | |
„geheimen“ Restaurants in Südamerika. Dort entstanden sie aus der Not | |
heraus. Die Eröffnung eines legalen Restaurants war zu teuer, weshalb die | |
„Guerilla-Köche“ sich so etwas dazuverdienten. | |
Seit einigen Jahren findet man Supper-Klubs auch in Europa. Besonders in | |
Großstädten werden sie immer beliebter. Von manchen muss man immer noch | |
wissen, um sie zu finden. Aber mittlerweile sind viele auch aus dem | |
Untergrund aufgetaucht und man findet Einladungen zu diesen Festessen im | |
Internet. | |
In Hamburg bekocht die 79 jährige Monika Fuchs regelmäßig bis zu 20 Leute | |
in ihrer Wohnung. Jeden Freitag öffnet sie die Tür ihrer Altbauwohnung in | |
der Isestraße. Nach Fernsehauftritten und großen Magazinstorys sind die | |
Wartezeiten für einen Platz an ihrem Esstisch allerdings nichts für | |
Ungeduldige: Erkundigen kann man sich danach per E-Mail an: | |
[3][[email protected]]. Die leidenschaftliche Köchin nutzt die Abende, | |
um Geld für die Kinderkrebsstiftung „Waldpiraten-Camp“ zu [4][sammeln]. | |
Auch Jumana und Stephan Mattukat kochen in Bremen für eine gute Sache. Sie | |
möchten ihre Gäste für veganes Essen begeistern. Seit drei Jahren laden sie | |
alle paar Monate zu einem veganen Abend ein. „Oft sind die Leute | |
überrascht, was man alles vegan kochen kann und wie gut es schmeckt“, sagt | |
Jumana Mattukat. Sie hat den Impuls für die vegane Ernährung in ihre | |
Familie gegeben, bekocht werden die Gäste von ihrem Mann. „Er hat sogar mal | |
überlegt, ein Restaurant zu eröffnen“, sagt sie. Aber nur ab und zu für | |
Gäste zu kochen, gefalle ihm besser. | |
Zuerst fanden die Abende zwei- bis dreimal im Monat statt, aber das sei zu | |
viel gewesen. Ihr gemeinsames „[5][My private vegan restaurant]“ hat sich | |
über die Jahre etabliert und ist zum Selbstläufer geworden. Häufig kommen | |
die Leute auf Empfehlung, manche kommen auch mehr als einmal. „Einige sind | |
sogar zu Freunden geworden“, sagt Mattukat. | |
Dabei möchten sie nicht mit erhobenem Zeigefinger für eine vegane Ernährung | |
werben. Aber: „Es ist mir wichtig, dass man sich das einmal durch den Kopf | |
und durch das Herz gehen lässt“, sagt Mattukat. Einmal habe ein Gast | |
gesagt, ihm seien die Tiere scheißegal. „Damit kann ich leben“, sagt | |
Mattukat, „aber man sollte eine bewusste Entscheidung treffen.“ | |
Das Interesse an veganer Ernährung verbinde die Gäste. Beim ersten Abend | |
sei ein 90-Jähriger zu Gast gewesen. Das habe sie beeindruckt, sich in dem | |
Alter noch auf etwas derart Neues einzulassen. „Meine Gäste sagen oft, ich | |
sei mutig. Aber sie sind es, die mutig sind“, sagt Mattukat. Immerhin | |
betritt man das Haus von Fremden, setzt sich mit anderen Fremden an einen | |
Küchentisch und lässt sich von dem überraschen, was die Gastgeber | |
servieren. Wer sowas ausprobiert, sei immer mutig und neugierig – daher | |
würden sich die Leute wohl auch immer verstehen. | |
Veganes Essen sei zwar nicht für alle völlig neu, aber es sei eben etwas | |
anderes, als in ein Restaurant zu gehen. Denn trotz oder gerade weil sich | |
die Gäste vorher nicht kennen, entstünden immer tief gehende Gespräche. | |
Immer wieder kämen auch Leute, die sich anschauen, wie ein solcher Abend | |
gestaltet wird, um anschließend selbst in die Rolle des Gastgebers zu | |
schlüpfen. Natürlich freut sich Jumana Mattukat, wenn diese neu | |
entstehenden Supper-Klubs ebenfalls vegan kochen, aber es gibt auch viele, | |
die nicht auf tierische Produkte verzichten. | |
Am Anfang hat sie überlegt, eine Online-Datenbank für vegane Supper-Klubs | |
zu gestalten, aber diese Idee hat sie verworfen. Nun empfiehlt sie | |
[6][supperclubbing.com] von Nikolai Schmidt: Auf der Site kann man sich | |
kostenlos registrieren, um als Gast an Abendessen teilzunehmen oder Gäste | |
fürs eigene Supper-Klub-Essen zu finden. | |
In Hannover ist Alla Maer die Gastgeberin. Sie interpretiert ihren | |
Supper-Klub dabei etwas anders. Hinter dem Namen „Foodatlas“ [7][verbirgt | |
sich mittlerweile auch eine Kochschule], doch begonnen hat Maer ihre | |
Selbstständigkeit mit Supper-Klub-Abenden. Eine Ausbildung zur Köchin habe | |
sie nicht, aber langjährige Erfahrung in einem Catering-Service. Das habe | |
sie auch dazu gebracht. | |
Ihr Klub im Pelikan-Viertel hat zweifellos den höchsten | |
Professionalisierungsgrad im Norden, aber Maers Ausgangspunkt war sehr nahe | |
bei den südamerikanischen Ursprüngen. Maer wollte ihre eigenen Ideen | |
umsetzten, aber ein richtiges Restaurant war zu riskant. Nun finden ihre | |
Festessen vor allem im Winter statt, ungefähr einmal im Monat. Sie kocht | |
dabei auch mit tierischen Produkten und lädt ihre Gäste statt zu sich nach | |
Hause in ein Kochstudio ein. Die Abende haben immer einen thematischen | |
Schwerpunkt, beispielsweise die osteuropäische Küche oder „Einmal um die | |
Welt“. Passend zu den Gerichten werden auch kleine Geschichten und | |
Anekdoten serviert, um die Gäste nicht nur kulinarisch auf eine Reise | |
mitzunehmen. | |
Auch wenn man bei den “Foodatlas“-Abenden nicht an einem privaten | |
Küchentisch sitzt, sei es anders als in einem gewöhnlichen Restaurant. „Man | |
sollte ins Restaurant gehen, aber auch zu uns“, sagt Maer. Beim Supper-Klub | |
gehe es halt nicht nur um gutes Essen, sondern auch um das Erlebnis, mit | |
Fremden familiär zusammenzusitzen. | |
„Es geht um die Gemeinschaft und um Gemeinsamkeiten“, sagt Maer. Es sei | |
immer eine Gruppe von Menschen, die sich nicht kennen, aber das Interesse | |
an gutem Essen verbinde sie. Die Supper-Klubs seien in Norddeutschland noch | |
nicht so verbreitet. „Wir wollen ein Netzwerk schaffen“, sagt Maer. Nicht | |
nur um die Idee der Supper-Klubs zu verbreiten, sondern auch, um Menschen | |
zusammenzubringen. | |
18 Mar 2017 | |
## LINKS | |
[1] https://www.geruechtekueche-bs.de/ | |
[2] https://www.supperclubbing.com/de/supper-club-oldenburg/14268-supper-club-o… | |
[3] /[email protected] | |
[4] https://www.waldpiraten.de/home.html | |
[5] http://www.myprivateveganrestaurant.de/ | |
[6] https://www.supperclubbing.com/ | |
[7] http://www.foodatlas.de/ | |
## AUTOREN | |
Pia Siber | |
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