# taz.de -- Tar und Oud und erhobene Stimmen | |
> SINGEN Ein Festival feiert die Stimmen von Frauen aus Iran – wo | |
> weiblicher Gesang verboten ist | |
„Mein Anliegen ist es, die junge Generation zu vernetzen, von der man | |
weniger hört.“ So sagt es die Musikethnologin Yalda Yazdani, die durch Iran | |
reiste, um verschiedene Stimmen ihrer Heimat einzufangen. Sie traf | |
Musikerinnen, nahm ihre Gesänge auf. Das Wissen und die Arbeit Yazdanis | |
fließen nun in das Programm „Female Voice of Iran“ ein. | |
Was im Iran derzeit nicht möglich ist, passiert in Berlin: Während des | |
viertägigen Musikfestivals bringen Yazdani und die Berliner Musikerin Cymin | |
Samawatie traditionelle iranische Ensembles aus verschiedenen Regionen mit | |
Jazzformationen zusammen. Tar, Oud und Santur treffen auf Bassklarinette, | |
Cello und Blockflöte – und auf viele weibliche Stimmen. | |
Die Kuratierung der iranischen Musikerinnen übernahm Yazdani, die bisher in | |
Deutschland vor allem als Musikerin in Erscheinung trat. Zusammengebracht | |
hat die beiden Künstlerinnen mit iranischen Wurzeln Andreas Rochholl, | |
Leiter der Zeitgenössischen Oper Berlin, der bekannt ist für seine stark | |
inszenierten Uraufführungen. Vor zwei Jahren unternahmen Rochholl und | |
Yazdani ihre erste Recherchereise. Mit nach Berlin haben sie | |
zeitgenössische Klänge gebracht. Darunter die junge kurdische Sängerin | |
Yalda Abbasi, die mit dem traditionellen Ensemble Naazar aus dem Nordwesten | |
des Iran auftritt oder Baran Mozafari, die im Gegensatz zu Abbasi fröhliche | |
Melodien aus dem Süden Irans performt. Doch auch Pop gehört zur iranischen | |
Moderne, der von Shadi Behyar aus Teheran auf dem Festival vertreten wird. | |
## Kein leichtes Unterfangen | |
Seit gut einer Woche proben 45 iranische und 13 deutsche Musikerinnen | |
zusammen in den Räumen der Villa Elisabeth. „Für uns ist es ein Experiment, | |
verschiedene Stile, Kulturen und Persönlichkeiten zusammenzubringen, und | |
ich will versuchen, dass wir uns vermischen“, sagt Cymin Samawatie, die | |
unter anderem das Abschlusskonzert leitet. Sie entwickelt ein Orchester, | |
das sich musikalisch aus allen Farben speisen wird. Kein leichtes | |
Unterfangen, die unterschiedlichen Vorstellungen von Rhythmus miteinander | |
zu verbinden. | |
Nicht nur Musikerinnen, die im Iran leben, werden zu hören sein. Neben der | |
in Österreich lebenden Golnar Shahyar, die sich zwischen iranischer Musik, | |
Jazz und Improvisation bewegt, wird auch Samawatie als eine der elf | |
iranischen Stimmen mit ihrer Band Cyminology auftreten. „Es ist das erste | |
Mal seit 30 Jahren, dass iranische Musikerinnen für zwölf Tage | |
zusammenkommen“, sagt Yazdani, die in Köln zur weiblichen Musiktradition | |
Irans promoviert. | |
Seit der Islamischen Revolution haben sich die strengen Verbote gelockert, | |
Frauen studieren Musik und besuchen Musikschulen, doch der Sologesang ist | |
ihnen weiterhin verwehrt. „Die Frauen suchen nach Möglichkeiten, um am | |
gesellschaftlichen Leben und in der Musik teilzuhaben“, sagt Yazdani. Viele | |
der iranischen Musikerinnen kannten sich bisher nicht und machen nun neue | |
Erfahrungen. | |
## Keine Protestveranstaltung | |
Der Fokus ist mit dem Namen des Festivals zwar auf die weibliche Stimme | |
gelegt, doch hinter dem Konzept von „Female Voice of Iran“ steht vor allem | |
der Austausch, der durch Lesungen, Workshops und Filme, die im Iran gedreht | |
wurden, an dem Leben der Frauen teilhaben lässt. | |
Zwar ist Musik wegen der schwierigen Lage immer wieder Motiv für iranische | |
Filmproduktionen, die sich mit traditioneller Musik, Rap oder Techno | |
auseinandersetzten – dennoch versteht sich das Festival nicht in erster | |
Linie als Protestveranstaltung. Vor allem will man die ethnische und | |
musikalische Vielfalt des Landes zeigen. | |
Natalie Mayroth | |
„Female Voice Of Iran“:16. bis 19. März, Villa Elisabeth, Invalidenstr. 3, | |
Mitte | |
15 Mar 2017 | |
## AUTOREN | |
Natalie Mayroth | |
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