# taz.de -- Drinnen-Eier in Draußen-Kartons | |
> ERNÄHRUNG Eier aus Freilandhaltung gibt es wegen Vogelgrippe und | |
> Stallpflicht derzeit kaum | |
BERLIN taz | Mehr als eine halbe Million Hühner, Puten und Enten sind | |
inzwischen in Deutschland wegen der Vogelgrippe getötet worden. Das teilte | |
das Bundeslandwirtschaftsministerium in einer Antwort auf eine Anfrage der | |
Grünen-Fraktion mit, über die die Rheinische Post zuerst berichtete. Von | |
Anfang November vergangenen Jahres bis Ende Januar wurden demnach 391.000 | |
Tiere in Betrieben getötet, in denen die Geflügelpest nachgewiesen worden | |
war – weitere 154.000 Tiere wurden vorsorglich gekeult. | |
Aber auch Betriebe, die keine Tiere töten mussten, leiden unter dem | |
H5N8-Virus: Wegen der in vielen Bundesländern zum Schutz vor der Grippe | |
verordneten Stallpflicht können sie Eier nicht mehr als Freilandeier | |
verkaufen – ein Verlust von einigen Cent pro Ei. Der Zentralverband der | |
Deutschen Geflügelwirtschaft (ZDG) forderte deshalb den Einzelhandel auf, | |
die Eier weiterhin zu den gleichen Preisen zu kaufen. | |
„Solange die Hühner nicht im Freiland gehalten werden, besteht dafür kein | |
Anlass, der das rechtfertigt“, kritisiert hingegen Christiane Manthey von | |
der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg. Sie fordert außerdem, dass die | |
Eier aus dem Stall als Bodenhaltungs-Eier gekennzeichnet werden müssen – | |
oder alternativ einen Aufkleber auf der Verpackung, der deutlich auf die | |
Stallpflicht hinweist. | |
Dass es bisher trotz Stallpflicht, die teilweise schon seit November gilt, | |
noch Eier aus Freilandhaltung zu kaufen gab, liegt an einer | |
Übergangsklausel: Laut einer EU-Verordnung dürfen Eier noch bis zu zwölf | |
Wochen nach Beginn der Stallpflicht als Freilandeier verkauft werden. Diese | |
Frist endet in vielen Bundesländern in diesen Wochen – in | |
Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein beispielsweise ist sie schon | |
abgelaufen. Dort müssen Betriebe ihre Eierkartons nun umetikettieren. Der | |
ZDG hat einen Vorschlag gemacht, wie Betriebe die alten Kartons | |
weiterverwenden können: Ein Aufkleber mit der Aufschrift „Vorübergehend zum | |
Schutz unserer Legehennen Eier aus Bodenhaltung“ soll alle Hinweise auf | |
Freilandhaltung überdecken – zudem soll der Code auf den Eiern geändert | |
werden. „Der vom ZDG geplante Aufkleber hebt nicht auf die behördlich | |
angeordnete Stallpflicht ab, genau diesen Hinweis möchten wir aber auf der | |
Verpackung“, sagt Verbraucherschützerin Manthey. Zudem müsse der Aufkleber | |
schon ab Beginn der Stallpflicht auf die Verpackung, nicht erst nach Ablauf | |
der zwölf Wochen. | |
Bayerns Landwirtschaftsminister Helmut Brunner (CSU) hingegen kritisiert | |
die Frist selbst: Wie das Nachrichtenportal topagrar berichtete, hat er | |
sich in einem Brief an EU-Agrarkommissar Phil Hogan für eine Verlängerung | |
der Frist eingesetzt. Die Kommission plane allerdings keine Ausweitung der | |
zwölf Wochen, wie topagrar schreibt. | |
In der Kritik steht derzeit auch das grün-schwarz regierte | |
Baden-Württemberg: Anfang des Monats verkündete das Land eine neue | |
Stallpflicht, die einen Tag nach Ende der alten in Kraft trat. Die | |
zwölfwöchige Übergangsfrist fängt nun von vorn an, obwohl die Hühner schon | |
seit November im Stall sind. Kritik kommt vom | |
Bundeslandwirtschaftsministerium: „Eine Verlängerung der 12-Wochen-Frist | |
durch eine kurzzeitige Unterbrechung des Aufstallungsgebotes ist rechtlich | |
nicht möglich“, schrieb das Ministerium auf Nachfrage der taz. Das | |
baden-württembergische Verbraucherschutzministerium streitet diese Vorwürfe | |
jedoch ab: „Dieser eine Tag hat rechtlich mit der Kennzeichnungspflicht | |
nichts zu tun“, sagte Sprecherin Isabel Kling der taz. Der Grund für die | |
verlängerte Frist sei eine neue Risikoeinschätzung. | |
Friederike Meier | |
14 Feb 2017 | |
## AUTOREN | |
Friederike Meier | |
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