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# taz.de -- Applaus für die Verschwörung
> Propaganda Der umstrittene Film "Smoleńsk" lief erneut im Kino. Polens
> Botschafter hatte eingeladen
Schüchtern, fast entschuldigend, tritt der polnische Botschafter Andrzej
Przyłębski auf die Bühne: Ein polnischer Film werde laufen, der einen die
Spaltung im Land besser verstehen ließe. Gefolgt von einer Einordnung mit
„einem der besten polnischen Journalisten“.
Es ist nicht das erste Mal, dass der umstrittene Propaganda-film „Smoleńsk“
über den Absturz der polnischen Präsidentenmaschine 2010 in einem deutschen
Kino läuft. Doch es ist das erste Mal, dass er von offizieller Seite
präsentiert wird. Der polnische Botschafter hatte schon im Herbst versucht,
den Film vor geladenen Gästen zu zeigen. Das Delphi Kino hatte die Premiere
damals wegen Sicherheitsbedenken abgeblasen. Anfang Januar zeigten die
Satiriker des Clubs der polnischen Versager „Smoleńsk“ im Babylon Kino.
Deren Analyse: Der Film ist so schlecht, dass er nur lachend zu ertragen
ist.
Als die polnische Botschaft den Film letzten Freitag nun doch noch
präsentierte, war der Saal im Babylon zwar nicht so voll wie bei der ersten
Vorführung. Doch es gab einen roten Teppich, viele Anzugträger und
polnische Presse. Diesmal keine Lacher, nur ernste Blicke.
Bei der monologisierenden Fragerunde nach dem Film sprach der angekündigte
Journalist Bronisław Wildstein lange von der Smoleńsk-Konferenz – einer
Gruppe von Wissenschaftlern, die eine alternative Version der
Absturzgeschichte entwickelt haben, nach der es Explosionen gegeben haben
soll.
Das ist auch die Version, die der Film suggeriert. Wildstein interpretiert
die offizielle Version des Absturzes als Verschwörung, in die die Medien
involviert sind. Und er sieht eine Verschwörung hinter der Tatsache, dass
der Film „so schlecht“ ist. Das Filmprojekt sei von Anfang an unter
Beschuss gewesen. Filmschaffende hätten einander unter Druck gesetzt: Es
gehöre sich für „wahre Künstler“ nicht, bei einem solchen Projekt
mitzumachen. Deshalb seien Produzenten und gute Schauspieler abgesprungen.
In seinen Ausführungen, die fast so lange wie der Film waren, teilt
Wildstein immer mehr von seiner Weltsicht: Die Medien würden eine „Spaltung
des polnischen Volkes“ herbeiführen. Medien, die mittlerweile selbst zum
Establishment gehören.
„Gibt es hier eine Gegenmeinung oder nur Propaganda!?“, bricht es aus einer
aufgebrachten Frau im Publikum hervor. „Nicht darauf eingehen. Das ist
reine Provokation“, entgegnet ein Mann im Anzug prompt. Wildstein auf der
Bühne wiederholt: Hier werde nur „über Fakten“ gesprochen. Das Publikum
antwortet mit Applaus.
Der Film, der in Polen vollkommen frei zugänglich war, ist dort übrigens
gefloppt.
Imre Withalm
13 Feb 2017
## AUTOREN
Imre Withalm
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