# taz.de -- Trump, der Verlierer | |
> Justiz Ein Bundesrichter aus Seattle hebt den Einreisebann für Menschen | |
> aus sieben islamisch geprägten Staaten auf, und Präsident Trump scheitert | |
> auch in der Berufung | |
Bild: Nicht nur Trump-Gegner gehen auf die Straße. Hier protestieren Befürwor… | |
Aus Washington Frank Herrmann | |
Es war bereits tiefe Nacht im Mar-a-Lago, dem Nobelclub in Palm | |
Beach/Florida, in dem Donald Trump das Wochenende verbrachte, als ein | |
kalifornisches Berufungsgericht dem Präsidenten eine schwere Schlappe | |
zufügte. Im Eilverfahren lehnte der Court of Appeals in San Francisco in | |
der Nacht zum Sonntag einen Antrag des amerikanischen Justizministeriums | |
ab, wonach ein zuvor im Pazifikstaat Washington gefälltes Urteil gegen die | |
Einreisesperre kassiert werden sollte. | |
In der Nacht zum Sonnabend hatte dort James Robart, ein Bundesrichter in | |
Seattle, den Bann mit einer einstweiligen Verfügung gestoppt. Trumps | |
Regierungsjuristen hatten daraufhin die für die gesamte Westküste | |
zuständige Instanz angerufen – und ein zweites Mal den Kürzeren gezogen. | |
Damit gilt vorläufig nicht mehr, was das Weiße Haus mit einem drakonischen | |
Dekret verfügte. Ein für drei Monate angesetztes Einreiseverbot für Bürger | |
aus sieben Staaten mit muslimischer Bevölkerungsmehrheit ist ausgehebelt. | |
Iraner, Iraker, Jemeniten, Libyer, Somalier, Sudanesen und Syrer dürfen die | |
Grenzkontrollen an den amerikanischen Flughäfen wieder passieren, sofern | |
sie im Besitz eines Visums sind. | |
Die internationalen Fluggesellschaften nehmen Bürger aus diesen Staaten | |
inzwischen wieder auf ihre Flüge in die USA mit. Die ersten Menschen trafen | |
schon am Wochenende dort ein. Aber auch der viermonatige Aufnahmestopp für | |
Flüchtlinge, egal welcher Nationalität, ist vorerst hinfällig. | |
Nach Angaben des State Department in Washington sind es etwa 60.000 | |
zwischenzeitlich für ungültig erklärte Visa, die nun doch wieder zur | |
Einreise berechtigen. Unklar ist allerdings, was mit Menschen geschieht, | |
deren Visum im Pass bereits ungültig gestempelt wurde. Womöglich müssen sie | |
einen neuen Sichtvermerk beantragen, ehe sie New York oder Los Angeles, | |
Houston, Atlanta oder Washington ansteuern können. | |
Donald Trump seinerseits reagierte auf die juristische Niederlage, wie er | |
immer reagiert, wenn etwas nicht nach seinem Willen geht. Die Entscheidung | |
dieses „sogenannten Richters“ sei lächerlich und müsse gekippt werden, | |
twitterte der US-Präsident wenige Stunden nach Robarts Verdikt. Später, | |
zurückgekehrt von einer Golfpartie, legte er nach. Wohin man denn komme, | |
empörte er sich, wenn ein Richter einen Einreisebann des Ministeriums für | |
Heimatschutz einfach blockiere und jeder, „auch mit bösen Absichten“, ins | |
Land gelassen werde. Kurz darauf folgte der nächste, noch wütendere Tweet. | |
Der Richter mache potenziellen Terroristen den Weg frei – „Böse Leute sind | |
sehr zufrieden!“ | |
Die Schimpfkanonade erinnert an eine Episode, die mitten im Wahlkampf schon | |
einmal am rechtsstaatlichen Verständnis des Milliardärs zweifeln ließ. | |
Damals nahm Donald Trump Gonzalo Curiel aufs Korn, einen Bundesrichter, der | |
über Klagen früherer Seminarteilnehmer der „Trump University“ zu befinden | |
hatte. Letztere warfen dem Tycoon vor, sie mit irreführenden | |
Reklamesprüchen hinters Licht geführt zu haben. Statt von der Erfahrung | |
eines Immobilienprofis zu profitieren, wie man ihnen versprochen hatte, | |
seien die Kurse praktisch wertlos gewesen. | |
Curiel, wetterte der damalige Bewerber fürs Oval Office, sei ein Mexikaner, | |
der ihn unfair behandle, weil er, Trump, an der Grenze zu Mexiko eine Mauer | |
bauen wolle. Dass der Jurist in Wahrheit im mittelwestlichen Indiana | |
geboren wurde, erwähnte er wochenlang mit keiner Silbe. | |
Die Attacken gegen Robart, sagte nun Chuck Schumer, der ranghöchste | |
Demokrat im Senat, ließen erkennten, wie gründlich Trump eine unabhängige | |
Justiz verachte, die sich seinen Wünschen nicht jedes Mal beuge. Patrick | |
Leahy, ein Veteran aus Vermont, der im Justizausschuss der kleineren | |
Parlamentskammer sitzt, sprach von einem Präsidenten, der es offenbar | |
darauf anlege, eine Verfassungskrise vom Zaun zu brechen. Trumps | |
Feindseligkeit gegenüber der „Rule of Law“ sei nicht nur peinlich, sie sei | |
auch gefährlich. | |
Dass der 70-Jährige sein Scheitern akzeptiert und es dabei bewenden lässt, | |
erwartet indes niemand. Das Gericht in San Francisco hat noch nicht in der | |
Hauptsache entschieden und stattdessen beide Seiten aufgefordert, ihre | |
Argumente schriftlich einzureichen. Danach kommt es zu einer mündlichen | |
Anhörung. Bis dahin kann aber durchaus eine Woche vergehen. | |
Wie es derzeit aussieht, werden Trumps Rechtsberater wohl den Weg bis zum | |
Obersten Gerichtshof in Washington gehen, um die Einreisesperre | |
durchzusetzen. Wann dies geschieht, bleibt vorläufig offen, kann aber den | |
entscheidenden Unterschied bedeuten. Noch herrscht am Supreme Court ein | |
Patt zwischen vier liberalen und vier konservativen, von republikanischen | |
Präsidenten berufenen Richtern. | |
Ist Neil Gorsuch erst vom Senat abgesegnet, der Jurist, den Trump erst | |
letzte Woche nominierte, um dem vor zwölf Monaten verstorbenen Antonin | |
Scalia nachzufolgen, ändert sich die delikate Balance zugunsten der | |
Konservativen. Allerdings haben die Demokraten harten Widerstand gegen | |
Gorsuch angekündigt, sodass sich das fällige Bestätigungsverfahren über | |
Wochen hinziehen kann. | |
6 Feb 2017 | |
## AUTOREN | |
Frank Herrmann | |
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