# taz.de -- Kluger Stratege und brutaler Pragmatiker | |
> Nachruf Irans früherer Präsident Akbar Haschemi Rafsandschani ist im | |
> Alter von 82 Jahren gestorben | |
Bild: Die „Rote Eminenz“: Ali Akbar Haschemi Rafsandschani | |
BERLIN taz | Neben Ajatollah Chomeini und dem amtierenden Revolutionsführer | |
Ali Chamenei war er einer der einflussreichsten, aber auch der | |
umstrittensten Politiker in der Islamischen Republik: Ali Akbar Haschemi | |
Rafsandschani. Er galt als kluger Stratege, gewiefter Taktiker und | |
machtbesessener brutaler Pragmatiker. Am Sonntag starb Rafsandschani im | |
Alter von 82 Jahren. | |
Während seiner Ausbildung an der theologischen Hochschule in der heiligen | |
Stadt Ghom gehörte er zu den Schülern Chomeinis, dem er auch später | |
politisch folgte, als dieser zum Widerstand gegen den Schah aufrief. Bis zu | |
der Revolution von 1979 wurde Rafsandschani wegen seiner politischen | |
Aktivitäten siebenmal in Haft genommen. | |
Unmittelbar nach der Revolution gründete er mit Gleichgesinnten die | |
Organisation „Kämpfende Geistlichkeit“, die zu einer der einflussreichsten | |
Instanzen der Konservativen im Iran wurde. Zugleich ernannte ihn Chomeini | |
zum Mitglied des Revolutionsrats. Nach der Wahl des ersten Parlaments wurde | |
er zum Präsidenten gewählt, bekleidete dieses Amt auch in der zweiten und | |
einen Teil der dritten Periode, bis er 1989 zum Staatspräsidenten gewählt | |
wurde. | |
In der letzten Phase des Iran-Irak-Kriegs (1980–1988) ernannte ihn Chomeini | |
zum Oberbefehlshaber der Streitkräfte und der neu gegründeten | |
Revolutionsgarden. Nach dem Tod Ajatollah Chomeinis war es Rafsandschani, | |
der bei der Wahl Ali Chameneis zum neuen Revolutionsführer eine wichtige | |
Rolle spielte. Er selbst wurde zum Staatspräsidenten gewählt. | |
Wichtigstes Ziel seiner achtjährigen Regierungszeit war der Wiederaufbau | |
des vom Krieg zerstörten Landes. Zwar gab es in dieser Zeit einen | |
wirtschaftlichen Aufschwung, aber auch die Inflationsrate erreichte den | |
höchsten Stand seit der Gründung der Islamischen Republik. | |
Rafsandschani regierte mit harter Hand. Revolutionsgarden, Geheimdienste, | |
Polizei und Militärs gingen brutal gegen die Opposition vor. Neben | |
zahlreichen Verhaftungen und Folterungen gab es auch Dutzende Attentate auf | |
Oppositionelle im In- und Ausland. Ein Berliner Gericht sah es als | |
erwiesen an, dass Rafsandschani bei dem Attentat in dem griechischen Lokal | |
Mykonos in Berlin, bei dem vier iranische Oppositionelle ermordet wurden, | |
als Drahtzieher mitgewirkt hatte. Auch im Inland erhielt er von den | |
Reformern, die 1997 mit Mohammad Chatami als Präsident die Regierung | |
übernahmen, den Titel „Rote Eminenz“. | |
In den folgenden Jahren näherte sich Rafsandschani den Reformern an. 2005 | |
kandidierte er gegen den Hardliner Mahmud Ahmadinedschad, unterlag aber in | |
der Stichwahl. | |
Rafsandschani wurde von den Konservativen angefeindet, von den Reformern | |
aber nicht geliebt. Dennoch verfügte er über ein starkes Netzwerk, das für | |
den Erhalt seiner Macht sorgte. Überraschend war seine Parteinahme für die | |
Protestbewegung, die sich 2009 gegen die umstrittene Wiederwahl | |
Ahmadinedschads richtete. Damit kam es zu einer offenen Auseinandersetzung | |
zwischen ihm und dem Revolutionsführer beziehungsweise dem konservativen | |
Lager. | |
2013 setzte Rafsandschani seinen ganzen Einfluss für die Wahl von Präsident | |
Hassan Rohani ein. Die Unterstützung, die er mit seiner Hausmacht und als | |
Stratege im Hintergrund der Regierung bislang gewährt hatte, schien für den | |
gemäßigten Rohani unverzichtbar zu sein. Es ist daher anzunehmen, dass sein | |
Tod zu einer Machtverschiebung zugunsten der Hardliner und der | |
Konservativen führen wird. Manche Beobachter gehen sogar davon aus, dass | |
der Tod Rafsandschanis bei der Präsidentschaftswahl im Mai eine Wiederwahl | |
Rohanis verhindern könnte. Bahman Nirumand | |
10 Jan 2017 | |
## AUTOREN | |
Bahman Nirumand | |
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