| # taz.de -- Eine Meinung bleibt verboten | |
| > VOLKSVERHETZUNG Karlsruhe schränkt die Meinungsfreiheit „ausnahmsweise“ | |
| > ein. Die Verherrlichung des NS-Regimes ist strafbar | |
| KARLSRUHE taz | Die jährlichen Gedenkmärsche für den ehemaligen | |
| Hitler-Stellvertreter Rudolf Heß können verboten werden. Dies hat gestern | |
| das Bundesverfassungsgericht in einer lange erwarteten Entscheidung | |
| verkündet. Die Richter erklärten dabei erstmals „Sonderrecht“ für zuläs… | |
| das gezielt an die Schrecken der nationalsozialistischen Herrschaft | |
| anknüpft. | |
| Seit 2005 werden die jährlichen Heß-Gedenkmärsche in Wunsiedel verboten. | |
| Grundlage der Verbote ist eine von Rot-Grün neu eingeführte Strafvorschrift | |
| der Volksverhetzung. Als Volksverhetzung ist seitdem die öffentliche und | |
| den öffentlichen Frieden störende Billigung, Verherrlichung und | |
| Rechtfertigung der NS-Gewalt- und Willkürherrschaft strafbar. Wer solche | |
| Äußerungen macht, riskiert bis zu drei Jahre Haft. Vor allem sollte die | |
| neue Vorschrift Verbote von rechtsextremen Demonstrationen erleichtern. | |
| Das Bundesverfassungsgericht hat jetzt sowohl die neue Strafvorschrift als | |
| auch ihre Anwendung für Demo-Verbote in Wunsiedel für zulässig erklärt. Das | |
| neue Strafgesetz sei zwar kein „allgemeines Gesetz“, weil es sich gezielt | |
| gegen eine bestimmte Meinung richte. Das aber sei ausnahmsweise zulässig, | |
| „angesichts des Unrechts und Schreckens, den die nationalsozialistische | |
| Herrschaft verursacht hat“. Die Vorschrift verbiete „eine zustimmende | |
| Bewertung von Maßnahmen des nationalsozialistischen Regimes“ nicht | |
| generell. | |
| Das Grundgesetz könne weithin geradezu als Gegenentwurf zum NS-Regime | |
| gedeutet werden, so die Richter des Ersten Senats. Die Bundesrepublik sei | |
| auch heute noch nachhaltig durch die Erfahrung einer Zerstörung alle | |
| zivilisatorischen Errungenschaften geprägt. Die Entscheidung fiel | |
| einstimmig. | |
| Kläger war der kürzlich verstorbene Neonazi-Anwalt Jürgen Rieger. Die | |
| Richter verkündeten den Beschluss aber trotz seines Todes, weil die Sache | |
| schon entscheidungsreif war und der Streit allgemeine verfassungsrechtliche | |
| Bedeutung hatte. | |
| CHRISTIAN RATH | |
| Inland SEITE 6 | |
| 18 Nov 2009 | |
| ## AUTOREN | |
| CHRISTIAN RATH | |
| ## ARTIKEL ZUM THEMA |