# taz.de -- Schwimmen und retten | |
> JOB Im FEZ in der Wuhlheide werden sechs geflüchtete Syrer zu | |
> Rettungsschwimmern ausgebildet. Einige von ihnen sind über das Mittelmeer | |
> nach Europa gekommen | |
Bild: Die sechs Auszubildenden, ihr Übersetzer und die Tochter eines Geflücht… | |
von Leonie Schlick | |
Mit schnellen Bewegungen krault Ahmad Hasan durchs Wasser. Er schwimmt bis | |
zur Schaumstoffmatte in der Mitte des großen Beckens, dann dreht er wieder | |
um. Zurück am Rand holt er tief Luft, nimmt kurz die Schwimmbrille ab. Dann | |
springt er wieder ins Wasser, diesmal zusammen mit einem Partner. Gemeinsam | |
üben sie Schleppen, das heißt, einer greift den anderen um den Kopf und | |
zieht ihn hinter sich her. Am Beckenrand steht der Ausbilder René Moegelin. | |
Prüfend beobachtet er die Übungen der beiden. | |
Ahmad Hasan und sein Partner sollen einmal Lebensretter sein. Seit | |
September dieses Jahres werden in der großen Schwimmhalle des Freizeit- und | |
Erholungszentrums FEZ in der Wuhlheide sechs geflüchtete Männer zu | |
Rettungsschwimmern ausgebildet. Parallel besuchen sie einen Deutschkurs. | |
Die abschließende Prüfung findet im März statt. Hinterher sollen die | |
Flüchtlinge fit sein für den Arbeitsmarkt. „Rettung in Sicht“ – der Name | |
des Pilotprojekts ist also in zweifacher Hinsicht Programm. | |
## Wichtig ist die Sprache | |
Die Idee dafür hatte der Geschäftsführer des FEZ, Thomas Liljeberg-Markuse. | |
„Wir hatten im FEZ eine Notunterkunft und die geflüchteten Menschen in | |
unsere Schwimmhalle eingeladen. Dann haben wir das Phänomen beobachtet, | |
dass erwachsene Männer einfach ins tiefe Wasser gesprungen sind, ohne | |
schwimmen zu können. Deshalb dachten wir uns, dass es eigentlich toll wäre, | |
wenn wir Rettungsschwimmer hätten, die auch die Sprache sprechen können.“ | |
Weil das FEZ ohnehin Rettungsschwimmer suchte, lag die Ausbildung vor Ort | |
nahe. Der große Vorteil für die Flüchtlinge: Man braucht weder Zeugnisse | |
noch überhaupt einen Schulabschluss, um Rettungsschwimmer zu werden. „Die | |
einzigen Voraussetzungen: Man darf keine Angst vor dem Wasser haben, und | |
man muss gesund sein.“ | |
Ahmad Hasan aus Syrien übertrifft diese Voraussetzungen. Der junge Mann mit | |
den buschigen Augenbrauen und dem auffälligen Tattoo am Arm hat schon vor | |
seiner Flucht fünf Jahre als Rettungsschwimmer gearbeitet. Auch in | |
Deutschland versprach man dem 28-Jährigen eine schnelle Anstellung: „Am | |
Anfang hat das Jobcenter meine ganzen Zertifikate übersetzt, und ich habe | |
auch Jobangebote erhalten. Erst später erfuhr ich, dass man ein deutsches | |
Zertifikat braucht, um hier als Rettungsschwimmer arbeiten zu können.“ | |
Ein Bekannter machte ihn auf die Ausschreibung des FEZ aufmerksam. Die hing | |
in allen Unterkünften in Berlin aus und war sowohl an Männer als auch an | |
Frauen gerichtet, erzählt Thomas Liljeberg-Markuse. Auch das Alter habe | |
keine Rolle gespielt. Beworben haben sich schließlich acht bis zehn Männer. | |
Weil fast alle geeignet waren, wurde das Projekt dann von vier auf sechs | |
Plätze ausgedehnt. Fördermittel dafür erhält das FEZ vom Berliner Senat: | |
„Der Integrationsbeauftragte Andreas Germershausen hat das Projekt sehr | |
unterstützt“, lobt Thomas Liljeberg-Markuse. | |
Ahmad Hasan und die anderen Auszubildenden sind jetzt mindestens dreimal | |
die Woche zum Training im FEZ. Dort herrscht tagsüber reger Betrieb. | |
Menschen mit Badekappen ziehen lange Bahnen, Kinder lassen sich vom | |
Beckenrand ins Wasser fallen. Bevor es losgeht, machen sich die | |
Auszubildenden warm. Sie stehen in einem Kreis, schleudern die Arme nach | |
vorn und nach hinten, wiegen die Hüften. „Ein bisschen mehr Elan“, fordert | |
René Moegelin. | |
Der Ausbilder ist stolz auf die Entwicklung der Männer. Denn nicht alle | |
hatten bereits Erfahrung wie Ahmad Hasan. Einige haben sogar erst im FEZ | |
das Schwimmen gelernt. Nun trainieren sie pro Einheit bis zu vier Stunden. | |
„Wir sind dabei, ein richtig gutes Team zu werden“, findet René Moegelin. | |
Damit seine Anweisungen auch immer verstanden werden, ist bei jedem | |
Training Ben Helal dabei. Der Berliner betreut die Männer und übersetzt | |
alle Anweisungen des Ausbilders ins Arabische. | |
Wie Ahmad Hasan kommen alle aus Syrien. Einige von ihnen seien über das | |
Mittelmeer nach Europa geflohen, erzählt Marion Gusella, die | |
Pressesprecherin des FEZ. „Das war sicherlich eine zusätzliche Motivation, | |
bei ‚Rettung in Sicht‘teilzunehmen und anderen professionell helfen zu | |
können.“ | |
## Weitere Projekte geplant | |
Der Bedarf für Rettungsschwimmer in Berliner Bädern scheint da zu sein: | |
„Die Männer haben danach eine arbeitsmarktrelevante Ausbildung“, glaubt | |
Geschäftsführer Thomas Liljeberg-Markuse. | |
Außerdem stehe fest, dass das FEZ mindestens einem der Projektteilnehmer | |
eine langfristige Beschäftigungsperspektive anbieten wird. Für die Zukunft | |
seien zudem weitere Projekte geplant, bei denen eine kleine Gruppe von | |
Menschen im FEZ ausgebildet wird. | |
Ob auch das Rettungsschwimmerprojekt nach März mit neuen Teilnehmern | |
weitergeht, sei allerdings noch offen. „Zunächst wollen wir dann auswerten, | |
welche Erfahrungen wir gemacht haben werden, ob es uns tatsächlich gelingt, | |
die Flüchtlinge in Arbeit zu bringen.“ | |
Dass das gelingt, wünscht sich auch Ahmad Hasan. Er möchte so schnell wie | |
möglich wieder seinem Beruf nachgehen und seine Familie versorgen können. | |
„Ich hoffe sehr, dass ich nach der Prüfung eine Anstellung finde.“ | |
15 Dec 2016 | |
## AUTOREN | |
Leonie Schlick | |
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