# taz.de -- Das goldene Übel | |
> Magie Der Urwald war kahl, der kleine Panther sah nur Ödnis. Er machte | |
> sich auf, die Bäume zu retten | |
Ein kleiner schwarzer Panther lebte in den Tiefen eines Urwalds. Bäume | |
reckten sich in den Himmel und Bäche schlängelten sich zwischen ihnen | |
hindurch. Eines Tages beschloss der kleine Panther, zu seinem Lieblingsbaum | |
zu spazieren. Nach einer Weile fiel ihm ein goldenes Schimmern zwischen den | |
Bäumen auf – es zog ihn an. Da erblickte er die Ausläufer eines goldenen | |
Spinnennetzes: Wo sonst sein Wald gewesen war, spannen sich dünne Fäden | |
über eine kahle Ebene. Baumstümpfe ragten aus dem trockenen Boden, nichts | |
als Schmutz und Gold. „Achtung“, brüllte es hinter ihm und der Panther | |
sprang zur Seite, als sein Lieblingsbaum zu Boden krachte. | |
„Ey Digga, du stehst im Weg!“, rief ein stämmiger Zwerg. „Meine Kollegen | |
und ich haben hier ein Dutzend Bäume zu fällen!“ Der kleine Panther fragte: | |
„Aber warum tut ihr das?“ „Business as usual.“ „Hier war doch mein Ur… | |
Wo sind die Bäume hin?“„Die kommen zur Spinne. Sie verwandelt sie in Gold, | |
damit das Netz weiter wachsen kann.“ „Welche Spinne?“ | |
Der Zwerg antwortete: „Na, die alte Spinne, die im Zentrum des Netzes lebt. | |
Wir arbeiten seit Generationen für sie, und wenn das Netz vollendet ist, | |
bekommen wir unseren Goldanteil.“ Eine große Gruppe Zwerge hatte sich um | |
sie versammelt. | |
„In meinem Wald sucht niemand nach Gold. Könnt ihr nicht auch ohne Gold | |
glücklich sein?“ „Nein! Niemals!“, riefen die Zwerge. Ein junger Zwerg t… | |
hervor: „Ich kann ohne Gold leben“, sagte er. „Aber um den Urwald retten … | |
können, müsste das goldene Netz aufgehalten werden!“ Die anderen Zwerge | |
brachen in Gelächter aus. Der Panther jedoch wusste, er hatte einen Freund | |
gefunden. „Lieber Zwerg, sei doch mein Gefährte und lass uns die Spinne | |
aufsuchen, sie scheint die Quelle des goldenen Übels zu sein.“ Sie ließen | |
die zeternden Zwerge zurück und machten sich auf zum Zentrum des Netzes. | |
Eines Tages begegnete ihnen eine alte Frau, die allein im Staub der kahlen | |
Ebene saß. „Was bringt dich an diesen toten Ort?“, fragte der Panther. Die | |
Alte lächelte traurig. „Auch hier erstreckten sich einst grüne Wiesen. | |
Bevor die Spinne mit dem „Fluch der Gier“ belegt wurde. Nun muss sie das | |
Netz bis in alle Ewigkeit spinnen. Sie hat vergessen, was es heißt, zu | |
fühlen, und dass sie selbst einmal Teil der Wiesen und Wälder war.“ | |
Der Panther fragte: „Aber wie kann der Fluch aufgehoben werden?“ „Der Flu… | |
kann nur durch eine Träne der Spinne aufgehoben werden. Ich versuchte ihr | |
Herz zu erweichen, doch der Bann war zu stark.“ Der Zwerg sagte: „Begleite | |
uns! Wir versuchen es gemeinsam.“ Zu dritt folgten sie den dicker werdenden | |
Goldfäden, schwefeliger Geruch erfüllte die Luft. Von Nebelschwaden | |
umgeben, thronte die Spinne in der Mitte des Netzes. Ihre acht Augen | |
fixierten die drei Gefährten. | |
„Was wollt ihr hier?“, zischte sie. „Was störst du mich wieder, Alte?“… | |
bin gekommen, um dich daran zu erinnern, dass du einst glücklich und nicht | |
gierig warst.“ „Gierig bin ich nicht. Das goldene Netz bringt allen Glück | |
und Reichtum.“ | |
Da trat der Zwerg vor: „Wir Zwerge schuften schon ewig für das Netz. Und | |
nie ist einer glücklich geworden.“ Die Spinne überlegte. „Wenn Gold nicht | |
vermag, euch glücklich zu machen, was dann?“ Da sprach der kleine Panther: | |
„Bevor ich dein goldenes Netz entdeckte, war ich glücklich. Alle Wesen des | |
Waldes lebten gemeinsam, jedes hatte, was es brauchte.“ | |
Und die Spinne erinnerte sich. An die grünen Wiesen und den Sommerregen und | |
eine einzelne Träne rollte über ihre Spinnenwange. Der Tropfen fiel auf | |
einen goldenen Faden und ein Zittern ging durch das Netz. Augenblicklich | |
löste es sich auf – und zerstob wie Staub im Wind. Von diesem Tag an | |
strömte das Leben zurück ins Land, und der Panther und seine Freunde | |
erlebten noch viele Abenteuer. | |
Edda Luisa Kruse Rosset, Felix Wellisch, Tim Schneider und Naomi | |
Webster-Grundl | |
28 Nov 2016 | |
## AUTOREN | |
Edda Luisa Kruse Rosset | |
Felix Wellisch | |
Tim Schneider | |
Naomi Webster-Grundl | |
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