# taz.de -- Waffenschein fürs Fahrradschloss | |
> Prävention Ab Sommer 2017 sollen Diebe mit einem „Stinktierschloss“ | |
> vergrämt werden können | |
Bild: Sieht eigentlich ganz harmlos aus: das Stinkeschloss | |
BERLIN taz | Alle zwei Minuten wird in Deutschland ein Fahrrad geklaut. | |
Aufgeklärt wird nicht mal jeder zehnte Diebstahl. | |
Fahrraddiebstahl ist auch ein globales Problem. Dagegen haben jetzt zwei | |
Erfinder aus Kalifornien einen aggressiven Bewacher entwickelt. Das | |
„Skunk-Lock“ sieht auf den ersten Blick aus wie ein normales, schwarz weiß | |
gestreiftes Bügelschloss aus Stahl. Auf Deutsch übersetzt heißt es | |
„Stinktier-Schloss“. Wer es ansägt oder aufbricht, setzt eine Gaswolke | |
frei. Die soll nicht nur übel reichen, sondern sogar Brechreiz auslösen. | |
Im Internet schlägt die Idee bereits ein. Das Start-Up hat per Crowdfunding | |
über 33.000 US-Dollar eingesammelt – mehr als doppelt so viel wie | |
eingeplant. Bestellen kann man das Schloss schon, geliefert werden soll es | |
ab Juni 2017. Kostenpunkt etwa 120 US-Dollar. | |
Die Erfinder Daniel Idzkowski und Yves Perrenoud haben das Fahrradschloss | |
an sich selbst und weiteren Freiwilligen getestet. „Auf eine Nähe von 60 | |
Zentimeter war es wirklich schrecklich. Es hat in 99 Prozent der Testfälle | |
zum Kotzen geführt“, sagte Idzkowski dem Guardian. | |
Auch eine Gasmaske soll den Fahrraddieben nicht viel helfen. „Die Formel, | |
die wir entwickelt haben, ist auch noch durch gängige Gasmasken hindurch | |
wahrnehmbar (Wir mussten das am eigenen Leib erfahren)“, schreiben die | |
Erfinder auf ihrer Webseite. Das Schloss soll mit seinem Stinktiermuster | |
ohnehin stärker auf Abschreckung setzen als auf den Verteidigungsfall. | |
Das Reizgas im Innern des „skunk-lock“ trägt den Namen „formula D_1“ u… | |
enthält nach eigener Beschreibung natürliche Fettsäuren, die so auch in | |
ranziger Butter, Parmesankäse und in menschlichem Erbrochenen vorkommen. Ob | |
das ganze Gasgemisch aber ohne künstliche Chemie auskommt, ist unklar. Die | |
genaue Formel verrät das Start-Up nicht, zum Schutz vor Konkurrenten – und | |
vor Dieben. Das Reizgas verursache nach eigenen Angaben keine Verletzungen. | |
Dennoch ist der rechtliche Status des Produkts für den deutschen Markt | |
ungeklärt. Das beginnt schon mit der Frage, ob das wehrhafte Fahrradschloss | |
möglicherweise als Waffe gelten könnte. Zuständig für die waffenrechtliche | |
Einstufung von Gegenständen ist eine Abteilung im Bundeskriminalamt (BKA). | |
Gilt das Produkt als Waffe, wird es nicht ohne Weiteres frei gehandelt, | |
mitgeführt und verwendet werden dürfen. Auf Nachfrage der taz erklärte das | |
BKA, dass zurzeit noch kein Antrag für ein „Stinktierschloss“ vorliegt. | |
Andere Reizstoffsprühgeräte habe das Amt aber bereits als „Waffen“ | |
eingestuft. Sie sind grundsätzlich verboten, die Erlaubnis ist vom Besitz | |
eines „Kleinen Waffenscheins“ abhängig. Auf im Handel frei erhältlichen | |
Abwehrsprays findet sich der Hinweis „Nur zur Tierabwehr“. Wer sie in einer | |
Notsituation gegen Menschen einsetzt, kann sich auf sein Notwehrrecht | |
berufen. | |
„Aus Sicht des strafrechtlichen Notwehrrechts wäre die Verwendung eines | |
solchen Fahrradschlosses in Deutschland kein Problem“, sagt der Münchner | |
Strafrechtsprofessor Armin Engländer. Auch ein menschlicher Verteidiger | |
dürfe sich in der gleichen Situation angemessen gegen Angriffe auf sein | |
Eigentum wehren – notfalls auch durch Körperverletzung. Dass die | |
Verteidigung von einem Fahrradschloss in Abwesenheit des Fahrradfahrers | |
ausgelöst werde, ändere an der rechtlichen Bewertung nichts. Vor allem dann | |
nicht, wenn für Diebe erkennbar sei, dass sie beim Aufsägen des | |
Fahrradschlosses eine Körperverletzung riskierten. | |
Bis zum Sommer 2017 sollen die rechtlichen Hürden genommen sein. Dann wird | |
das Fahrradschloss frei erhältlich sein. | |
21 Nov 2016 | |
## AUTOREN | |
Markus Sehl | |
## ARTIKEL ZUM THEMA |