# taz.de -- „Und jetzt noch die Stadt elektrifizieren“ | |
> Schöner fahren Der Verkehrsexperte Andreas Knie über Carsharing, | |
> Parkplätze, bessere Fahrradwege, Experimentierfreude – und ein | |
> vorbildliches Berlin | |
taz: Herr Knie, freuen Sie sich auf die Verkehrspolitik von Rot-Rot-Grün? | |
Andreas Knie: Ja, natürlich. Denn wir brauchen jetzt endlich mal wieder | |
eine Politik, die den Namen auch verdient. | |
Was wird besser? | |
Rot-Schwarz der letzten Jahre war Stillstand, war Verwaltung des Mangels. | |
Nun soll mehr Platz in der Stadt durch eine intelligentere Form des | |
Verkehrs geschaffen werden: Flächendeckende Parkraumbewirtschaftung gehört | |
dazu – ebenso wie der Boulevard Unter den Linden, der vom Verkehr der | |
privaten Autos weitgehend befreit ist. Auch dem Fahrradverkehr muss endlich | |
mehr Platz eingeräumt werden. | |
Was bedeutet Parkraumbewirtschaftung? | |
Das heißt einfach schlichtweg: Wenn ich ein privates Auto auf einen | |
öffentlichen Parkplatz, also auf der Straße, abstelle, dass ich dafür etwas | |
zu bezahlen habe. | |
Kann eine autofreie Zone, wie sie Unter den Linden geplant ist, eine | |
nachhaltige Wirkung haben? | |
In Berlin sind wir in einer völlig grotesken Situation, dass wir zwar 1,2 | |
Millionen Pkws haben, aber für die gesamte Fahrleistung nicht mehr als | |
350.000 Autos bräuchten. | |
Wie kann die Senatsverwaltung das Carsharing noch attraktiver machen? | |
Was Berlin zum Beispiel machen könnte, ist eine gerechte Bepreisung des | |
öffentlichen Raums. Die Kosten für den Parkraum belaufen sich auf bis zu 20 | |
Euro am Tag, die dann für eine private Nutzung bezahlt werden müssen. Dann | |
werden Carsharing-Autos über Nacht sehr attraktiv. | |
Private Autos werden dann uninteressant. | |
Private Fahrzeuge braucht die Stadt nicht mehr, wir haben genug | |
Gerätschaften hier. Sharen, mieten, leasen: Alles wird mit allem vernetzt. | |
Dann ist ein privates Auto nicht mehr nützlich. | |
Was sind denn die wichtigen Konzepte einer nachhaltigen Verkehrspolitik? | |
Elektrifizierung des Verkehrs. Das ist das A und O. Verkehr macht den | |
wesentlichen Teil der Kohlendioxidausstöße und Schadstoffe aus. Wir haben | |
nicht nur ein Klimaproblem, sondern auch eine Schadstoffentwicklung, die | |
nicht positiv ist. Wir müssen den Verkehr komplett elektrifizieren, mit | |
regenerativem Strom. Das muss jetzt konsequent umgesetzt werden. | |
Was kann der Senat tun, um Fahrradfahren attraktiver zu machen? | |
Der Anteil der Fahrradfahrer hat sich in Berlin in den letzten Jahren | |
verdoppelt. Das Fahrrad muss weg von einem engen Fahrradstreifen. Das | |
Fahrrad muss auf die Fahrbahn, und dort muss es Platz bekommen. Es muss | |
auch entsprechende Ampelschaltungen geben, und die Schnellwege müssen auch | |
realisiert werden. | |
Wird Berlin eine Vorbildfunktion erlangen? | |
Ja, denn wir haben hier Menschen, die sehr weit denken und viel | |
experimentieren. Und wenn wir dem Raum geben, dann können wir endlich an | |
historische Meilensteine anschließen. Wir haben im Jahr 1930 weltweit den | |
ersten Einheitsfahrschein eingeführt und 1988 das Carsharing. Jetzt können | |
wir noch die Stadt elektrifizieren, dann haben wir wieder Vorbildfunktion. | |
Interview Valerie Höhne | |
18 Nov 2016 | |
## AUTOREN | |
Valerie Höhne | |
## ARTIKEL ZUM THEMA |