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# taz.de -- Christel Burghoff Generation Camper : Die Grimms in der Grimmwelt
Ob die Brüder Grimm so gut durch ihre Korrespondenz durchgeblickt haben wie
wir? Sie pflegten die Zettelwirtschaft! Aber wir Heutigen stehen staunend
vor einer Visualisierung ihrer Briefkontakte, drücken auf Knöpfe und dann
flirrt und blinkt es nur so auf einer Weltkarte: über 1.400 Briefpartner,
mit denen sie regelmäßigen, vor allem wissenschaftlichen Austausch
pflegten, 20.000 hinterlassene Briefe. Und das in Zeiten von Gänsekiel und
Tintenfass, Postkutsche und Schiff.
Das Visualisierungsgerät veranschaulicht die kolossale Leistung der Brüder.
Mit schlichten Mitteln erschließt es – wie auch andere Installationen in
der neuen „Grimmwelt“ – die Bedeutung der Grimms. Die ja nicht bloß für
Märchen stehen, sondern vor allem für die deutsche Sprache und die
Germanistik als Wissenschaft. Man darf das Leben jetzt neu besichtigen. In
der Kasseler „Grimmwelt“ ist alles neu. Innen wie außen.
Das Gebäude auf dem Weinberg: ein toller architektonischer Wurf. Und innen:
völlig neue Konzepte und Künstler. Alle Welt ist begeistert. Wir sind es
auch. In der Abteilung Märchenwelt geht es noch fantastischer zu. Hier
setzt man auf die Fantasien, die Künstler zu den Fantasien der Grimms
entwickelt haben. Es gibt dafür spezielle Räume, Arrangements, Objekte.
Etwa eine Videoinstallation im Kinoraum, die kongenial die typischen,
unheimlichen Sequenzen aus zahllosen Märchenfilmen verhäckselt hat. Es sind
sehr individualistische und narzisstische Zugänge zur Welt der Brüder
Grimm, ein Hauch documenta. Auch der bekannte Ai Weiwei ist dabei.
Einiges, was hier noch „echt“ Grimm ist, sieht jetzt wirklich alt aus, etwa
der Hausrat und die Möbel, die ganz am Ende des Rundganges
zusammengeschoben auf einer Palette stehen – wie abholbereit für den
Trödler. Am erstaunlichsten: die Entdeckung und Würdigung des Künstlers
Ludwig Emil Grimm, des dritten, sonst nie genannten Bruders. Ein
genialischer Zeichner und Illustrator. Ein Comictalent – hätte es damals
schon Comics gegeben.
26 Nov 2016
## AUTOREN
Christel Burghoff
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