# taz.de -- Zweite Bundesliga: St. Pauli immer noch am Ende | |
> Nach dem neunten sieglosen Spiel in Folge stellen sich beim FC St. Pauli | |
> viele Fragen. Doch Antworten es gibt kaum. Nur so viel: Manager Rettig | |
> hält weiter zu Trainer Lienen. | |
Bild: Nackte Verzweiflung: Der nach Verletzung ins Team zurückgekehrte Top-Tor… | |
HAMBURG taz |Am Ende gab es nicht einmal Erklärungen. Mit hängenden | |
Schultern stellten die Spieler des FC St. Pauli sich den Fragen der | |
Journalisten, auf die sie keine Antworten fanden. Stattdessen übten sie | |
sich in Durchhalteparolen am Rande der Binsenweisheit. „Nächste Woche haben | |
wir wieder die Chance, drei Punkte zu gewinnen“, war etwa Daniel Buballa – | |
dem Pechvogel des Spiels – aufgefallen. Und Manager Andreas Rettig schloss | |
vehement aus, was nie zur Debatte stand: „Wir dürfen uns jetzt nicht | |
ergeben.“ | |
Warum sie sich aber beim 0:1 gegen Fortuna Düsseldorf über 93 Minuten keine | |
klare Torchance erspielt hatten, vermochten Spieler und Manager nicht zu | |
erklären. Auch Trainer Ewald Lienen brachte nur auf den Punkt, was alle | |
gesehen hatten: „Was wir offensiv gezeigt haben, hat nicht gereicht, um | |
Düsseldorf in Verlegenheit zu bringen“ Warum nicht? „Es kamen viele Spieler | |
aus einer Verletzungspause zurück, das hat man auf dem Platz gesehen“, war | |
der einzige zarte Ansatz einer Begründung für den zuvor abgelieferten | |
spielerischen Offenbarungseid des Tabellenletzten. Der Rest: Pure | |
Ratlosigkeit. | |
Dabei hatte das kickende Personal der Hamburger zumindest die ersten | |
zwanzig Minuten vernünftig mitgespielt, sich aber eben keine Chancen | |
erarbeitet. Ohne Ideen, aber auch ohne Durchschlagskraft, berannten sie den | |
Düsseldorfer Strafraum, ohne einmal wirklich in Tornähe zu kommen. | |
Die Düsseldorfer hingegen warteten auf Abspielfehler der Hamburger, um | |
überfallartige Konter zu starten. Ein Lattenschuss von Oliver Finck nach | |
zwanzig Minuten weckte die Hamburger nicht auf, eine Flanke der | |
Düsseldorfer bugsierte Daniel Buballa nach 36 Minuten schließlich mit einem | |
missglückten Klärungsversuch ins falsche Tor. Damit ging nach der Partie in | |
Würzburg das zweite Spiel in Folge mit 0:1 und durch ein Eigentor verloren. | |
Nach dem Rückstand wirkten die Hamburger Spieler so verunsichert, als wäre | |
ihnen nach einer weiteren Niederlage Prügelstrafe angedroht worden. Statt | |
beherzt nach vorne spielten die Akteure das Leder immer wieder zu Torhüter | |
Robin Himmelmann zurück, versteckten sich vor dem Ball, als hätten sie | |
gerade mit depressiven Schüben zu kämpfen. „Alles war heute schwer, die | |
Beine, der Kopf“, gab Waldemar Sobota zu Protokoll, der auf dem Platz | |
gefühlte null Prozent seiner Zweikämpfe gewann. | |
Vorstand und Präsidium beraten derweil über Wege aus der Krise. Auch wenn | |
Rettig betonte „der Trainer“ stehe „nicht zur Disposition“, ist Lienen | |
nicht mehr sakrosankt. Dass er sich bei den Fans vom Millerntor einen | |
Kultstatus erarbeitet hat, wird ihn bei weiteren Niederlagen nicht mehr vor | |
der Beurlaubung retten. | |
Auch soll in der Winterpause noch mal die Vereins-Schatulle geöffnet und | |
neue Spieler geholt werden. Denn das die Abgänge von Leistungsträgern wie | |
Marc Rzatkowski und Lennart Thy nicht adäquat ersetzt wurden, hat sich | |
inzwischen bei den Funktionsträgern des Vereins als gemeinsame Einschätzung | |
durchgesetzt. Ein Abstieg – der die geordneten Finanzen des Vereins | |
gewaltig durcheinander wirbeln würde – soll unbedingt vermieden werden. Und | |
irgendwas muss man ja tun. | |
Doch ein Wundermittel gegen einen schweren Kopf und schwere Beine ist auch | |
die personelle Aufrüstung nicht. Und auch die fast 30.000 Fans im | |
ausverkauften Stadion – sonst Aktivposten am Millerntor – hatte gegen | |
Düsseldorf die Lethargie erfasst. Erst nach der Partie skandierten sie | |
aufmunternde „St.Pauli“-Rufe, nachdem Ewald Lienen seine Mannschaft auf | |
eine Runde durch die Arena geschickt hatte, in der sie den Fans | |
applaudierte – dafür, dass Pfiffe fast ganz ausblieben. | |
Wenn es am kommenden Wochenende nach Heidenheim geht, dann wird auch wieder | |
ein Fan-Transparent mitreisen. „Glaube – Liebe – Hoffnung“ wird darauf … | |
lesen sein. Den Glauben an die Mannschaft haben die ersten Fans schon | |
aufgegeben, die Liebe schmerzt, aber die Hoffnung – sie stirbt bekanntlich | |
zuallerletzt. | |
20 Nov 2016 | |
## AUTOREN | |
Marco Carini | |
## TAGS | |
FC St. Pauli | |
Ewald Lienen | |
2. Bundesliga | |
FC St. Pauli | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Trainerwechsel beim FC St. Pauli: Direktor für Sport und Kult | |
Der Hamburger Zweitligist befördert Ewald Lienen zum Technischen Direktor. | |
Trainer wird der bisherige Assistent Olaf Janßen. |