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# taz.de -- Berliner Szenen: Zurück an der Uni
> Schlechtes Personal
Seit ich zu Semesterbeginn einen Lehrauftrag angetreten habe, bin ich nach
mehr als zehn Jahren Unterbrechung zurück an der FU. Und es ist
erstaunlich: Sobald ich die altehrwürdigen Pforten zur Rost- und
Silberlaube durchschritten habe, fühle ich mich wie in einen Jungbrunnen
gefallen. Und lediglich die Tatsache, dass mir immer wieder Studierende mit
einem devoten Lächeln die Türen aufhalten, erinnert mich daran, dass ich
keiner mehr von ihnen bin.
Eine meiner ersten Amtshandlungen war es, mir eine Mensakarte zu besorgen.
Das Essen an der Freien Universität hat sich nicht geändert. Es ist immer
noch typisches Kantinenessen: kohlenhydrathaltige Sättigungsbeilagen,
übergartes Fleisch, pampiger Fisch in Panade. Dazu Soße. Und das alles über
Stunden hinweg warmgehalten. Ich liebe es.
Als ich vor ein paar Tagen mal wieder vor meinem Seminar in der Mensa essen
war, setzten sich zwei Studentinnen zu mir an den Tisch. Nachdem sie
zunächst schweigend in ihrem Essen herumgestochert hatten, beschwerte sich
Studentin 1 ihrer Kommilitonin gegenüber über die Ungerechtigkeit der Welt.
Wie sich herausstellte, war sie äußerst unzufrieden mit ihrem Lektor, den
sie dafür verantwortlich machte, dass sie auf ihre Masterarbeit nur eine
1,3 erhalten habe. „Die Fußnoten“ seien dafür verantwortlich, die habe der
Lektor nämlich „nur unzureichend redigiert“. Bei ihrer mit 1,0 bewerteten
B.-A.-Arbeit vor zwei Jahren sei das noch deutlich besser gelaufen.
Empörung bei ihrer Kollegin: Wem sage sie das! Mittlerweile sei es einfach
so verdammt schwierig, einen vernünftigen Lektor für Seminararbeiten zu
finden, alles müsse man heutzutage selbst machen. Dann fangen die beiden
an, stumm auf ihren Smartphones herumzutippen, und ich fühle mich plötzlich
sehr alt. Andreas Resch
15 Nov 2016
## AUTOREN
Andreas Resch
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