| # taz.de -- Ziemlich gutes Eishockey: Mittelmaß und stolz darauf | |
| > Bremerhavens Fischtown Pinguins sind jetzt doch Tabellenletzter. Die | |
| > Nachrücker der Saison haben sogar schon gegen Titelfavoriten gewonnen | |
| Bild: Fängt den Puck in der Luft: Torhüter Jani Nieminens | |
| BREMERHAVEN taz | Tabellenletzter, vermutlich weit abgeschlagen. So lautete | |
| vor Beginn der Saison in der Deutschen Eishockey Liga (DEL) die Prognose | |
| für die Fischtown Pinguins Bremerhaven. Das Team war nach dem Rückzug der | |
| inzwischen aufgelösten Hamburg Freezers am 1. Juli unverhofft aus der | |
| zweiten Liga aufgerückt. Die Chancen auf sportlichen Erfolg standen | |
| schlecht. Schließlich war es doch in den vergangenen Jahren fast allen | |
| DEL-Debütanten ähnlich ergangen. Hinten anstellen, Niederlagen einstecken, | |
| Lehrgeld zahlen. | |
| Doch die wehrhafte Mannschaft aus Bremerhaven schlug dem vermeintlichen | |
| DEL-Drehbuch für Neulinge ein Schnippchen. Es ist ein knappes Drittel der | |
| aus 52 Spielen bestehenden Hauptrunde absolviert und die Rot-Weißen sind | |
| keinesfalls „Fischfutter“ für die anderen 13 Teams. | |
| Im Gegenteil: Bremerhaven hat sich längst als eine Bereicherung für die | |
| Liga erwiesen. Vier Siege können die Norddeutschen bislang vorweisen, drei | |
| davon gelangen ihnen gegen Premium-Gegner. Gegen DEL-Rekordmeister Eisbären | |
| Berlin glückte ein 3:1 in eigener Halle, dann folgten Triumphe beim | |
| amtierenden Champion, den Roten Bullen aus München (2:1), sowie ein 2:0 | |
| beim Titelfavoriten Kölner Haie. | |
| „Der Sieg gegen München war eine große Geschichte für uns, ganz klar. Aber | |
| insgesamt geht durch die Zugehörigkeit zur DEL für alle, die in Bremerhaven | |
| mit Eishockey zu tun haben, ein Lebenstraum in Erfüllung“, sagt Teamanager | |
| Alfred Prey. 19 Punkte haben die Pinguine, in deren Reihen 16 neue Spieler | |
| stehen, bislang geholt. Sie belegen damit einen Platz im unteren Mittelfeld | |
| der Tabelle. | |
| „Dass es so gut läuft, kommt für alle überraschend. Wir sind der Underdog, | |
| haben bei Weitem den geringsten Etat der Liga“, sagt Prey. Der 62-Jährige | |
| mag lieber keine Zahlen nennen, aber der Etat dürfte bei rund 3,5 Millionen | |
| Euro liegen. Einen Mäzen gibt es nicht, stattdessen 164 Sponsoren, zumeist | |
| aus der Region. Zum Vergleich: München stehen vor allem dank eines Global | |
| Players unter den Sponsoren zwölf Millionen Euro zur Verfügung. | |
| Der Sport habe aber nicht immer nur eine wirtschaftliche Seite, sagt Prey. | |
| „Es gibt da noch eine andere Seite, das ist die Seele. Und unsere | |
| Mannschaft hat sich mit Charakter schon einige Meriten erworben“, sagt der | |
| gebürtige Oberpfälzer, der vor 35 Jahren wegen seines Marine-Dienstes nach | |
| Bremerhaven kam. Seit 25 Jahren ist er im Verein tätig. | |
| Grundlegend für die sportliche Entwicklung war der Bau einer 4.425 | |
| Zuschauer fassenden Eishalle, die am 6. März 2011 eingeweiht wurde. Ohne | |
| eine moderne Arena wäre ein Dasein in der DEL nicht möglich gewesen. Die | |
| hoch verschuldete Stadt stellte damals rund 16 Millionen Euro zur | |
| Verfügung. | |
| Prey ist der Macher, der beharrlich an dem Sprung in die erste Liga | |
| gearbeitet hat. Da es auf sportlichem Weg keinen Auf- und Abstieg zwischen | |
| den ersten beiden Ligen gibt, müssen jene Zweitligisten, die höher | |
| hinauswollen, auf besondere Umstände hoffen. Diese traten im Sommer bei den | |
| Hamburg Freezers ein. Der amerikanische Eigner des Vereins, die Anschutz | |
| Entertainment Group, beantragte keine Lizenz für die Saison 2016/17. Den | |
| freien Platz nahm Bremerhaven ein, das in den Play-offs der zweiten Liga | |
| schon im Viertelfinale ausgeschieden war. Wichtiger als das sportliche | |
| Abschneiden waren aber die wirtschaftlichen Kennzahlen. | |
| „Wir waren einfach vorbereitet. In jedem Jahr haben wir die Lizenz für die | |
| DEL abgegeben. Und dann kam der Tag X“, sagt Prey, der mit seinem Verein | |
| einiges mitgemacht hat. 2006 hat sein Team gegen die Straubing Tigers den | |
| damals noch möglichen sportlichen Aufstieg in die DEL in den Finalspielen | |
| verpasst. In den Jahren darauf wurde, zum Teil mit viel Glück, der Absturz | |
| in die Drittklassigkeit vermieden. „Wir haben schon so viele Nackenschläge | |
| und Erfolge erlebt, das ist wie eine Sinuskurve des Lebens“, sagt Prey – | |
| „und wir sind jetzt auf dem höchsten Punkt angekommen.“ Das Ziel für die | |
| Saison ist klar umrissen: „Jeder, der aufgestiegen ist, ist Letzter | |
| geworden – mit Ausnahme von München. Wir wollen ein kleines Ausrufezeichen | |
| setzen.“ | |
| 14 Nov 2016 | |
| ## AUTOREN | |
| Christian Görtzen | |
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