# taz.de -- Schlappe für Viktor Orbán | |
> Ungarn Eine Verfassungsänderung gegen die EU-Flüchtlingsquote verfehlt im | |
> Parlament die erforderliche Mehrheit. Auch die rechtsextreme Jobbik | |
> stimmt dagegen | |
Bild: Flüchtlinge am serbischen-ungarischen Grenzübergang in Röszke im Septe… | |
Aus Budapest Tibor Rácz | |
Dumm gelaufen für Ungarns Ministerpräsidenten Viktor Orbán: Für eine von | |
ihm angestrebte Verfassungsänderung gegen die Flüchtlingsquote der | |
Europäischen Union stimmten am Dienstag im Budapester Parlament nur die 131 | |
Abgeordneten der rechtskonservativen Regierungspartei Fidesz. Damit wurde | |
die für Grundgesetzänderungen vorgeschriebene Zweidrittelmehrheit um zwei | |
Stimmen verfehlt. Die Verfassungsnovelle hätte vorgeschrieben, dass die | |
Ansiedlung von Nicht-EU-Ausländern nur nach ungarischen Gesetzen erfolgen | |
darf. | |
Orbán war am 2. Oktober mit einer Volksabstimmung gescheitert, mit deren | |
Hilfe das „Ansiedlungsverbot“ hätte gesetzlich verankert werden sollen. Bei | |
dem Referendum war das nötige Quorum verfehlt worden. | |
Die von Orbán ins Spiel gebrachte Verfassungsänderung hätte mit den Stimmen | |
der rechtsextremen Jobbik gebilligt werden können. Deren Chef Gábor Vona | |
machte ein Ja seiner Fraktion davon abhängig, dass die Orbán-Regierung jene | |
Regelung abschafft, die es Nicht-EU-Ausländern ermöglicht, das | |
Niederlassungsrecht in Ungarn zu kaufen. Orbán wollte sich darauf aber | |
nicht einlassen. | |
Dieses Ergebnis sei eine politische Niederlage für Fidesz, sagte Vona dem | |
Onlineportal Index.hu. Es habe sich gezeigt, dass der Schutz des Landes für | |
Fidesz nur leeres Geschwätz sei. Vona hatte Orbán angeboten, dass Jobbik | |
mit Fidesz stimmen könne. Dafür hätte Ungarn jedoch den Verkauf von | |
Aufenthaltstiteln an Nicht-EU-Geschäftsleute einstellen müssen. | |
Seit Ende 2012 erteilt Ungarn Nicht-EU-Geschäftsleuten Aufenthaltstitel, | |
wenn diese dem ungarischen Staat Geld in Form eines sich auf mindestens | |
300.000 Euro belaufenden verzinslichen Fünfjahresdarlehens leihen. Diese | |
Idee stammt von Antal Rogán, dem sogenannten „Propagandaminister“ | |
(Kommunikationsminister). Die Darlehenssumme plus Zinsen zahlt der | |
ungarische Staat am Ende der Laufzeit an die Investoren zurück. | |
Das Interessante dabei ist jedoch, dass die Darlehensverträge in der Regel | |
mit eigens für diesen Zweck gegründeten Offshore-Firmen geschlossen werden, | |
welche dafür eine satte Provision von meist mehr als 30.000 Euro pro | |
Vertrag kassieren. Die wenig transparenten Vermittlerfirmen machten durch | |
dieses Geschäft in den vergangenen drei Jahren mehr als 322,5 Millionen | |
Euro Profit. Im Prinzip verdient dabei der ungarische Staat nichts, die | |
Nicht-EU-Geschäftsleute hingegen – es handelt sich in der Mehrzahl um | |
chinesische und russische Geschäftsleute – erhalten auf diese Weise einen | |
Aufenthaltstitel in Ungarn quasi geschenkt. Dieser ermöglicht es ihnen, | |
nach sechs Monaten auch in anderen EU-Mitgliedsstaaten unternehmerisch | |
tätig zu werden. | |
Lajos Kósa, Fraktionschef von Fidesz, sagte nach dem Votum, die Ungarn | |
könnten nur auf Fidesz zählen. Alle anderen Parteien wollten Ungarn gar | |
nicht vor der EU-Quote schützen. | |
9 Nov 2016 | |
## AUTOREN | |
Tibor Rácz | |
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