# taz.de -- heute in hamburg: „Weiter sensibilisieren“ | |
> Bühnenkunst Der Philosoph Richard David Precht fordert einen bewussteren | |
> Umgang mit Tieren | |
taz: Herr Precht, werden Menschen gegenüber Tieren sensibler? | |
Richard David Precht: Ja. Im Barock hat man große Netze gespannt und alle | |
Tiere, die man im Wald gefangen hat, da rein gelegt und sie solange in die | |
Luft geschleudert und auf den Boden fallen lassen, bis sie Matsch waren. Da | |
wurde gejauchzt und gejubelt. Wenn Sie heute so ein Prellspektakel in der | |
Hamburger Innenstadt aufführen würden, würde man die Todesstrafe für Sie | |
fordern. | |
Woher kommt der Wandel? | |
Unter dem Vorzeichen von Frieden und Wohlstand ist die Gesellschaft in der | |
Lage, sich immer weiter zu sensibilisieren. Sklaven halten, finden wir | |
nicht mehr gut, Frauen und Kinder verprügeln, auch nicht. Das sind Formen | |
ethischen Fortschritts. Aus Freihandelsabkommen sollte man alle Fragen | |
streichen, die etwas mit Gesundheit, Ernährung und Ethik zu tun haben. | |
Alles, was mit Moral zu tun hat, könnte sich noch deutlich ändern. Wenn ich | |
aber weiß, es kann sich nicht ändern, weil dann 28 EU-Staaten zustimmen | |
müssen, wird moralischer Fortschritt blockiert. | |
Warum glauben Sie, dass die Massentierhaltung abgeschafft wird, wenn unser | |
Wohlstand stabil bleibt? | |
Erstens, was wir in der Massentierhaltung machen, und was Menschen für | |
richtig halten, passt nicht mehr zusammen. Im Augenblick sind wir | |
allerdings in einer politischen Großwetterlage, in der die Politik | |
gegenüber der Ökonomie völlig bedeutungslos wird. Zweitens ist es bereits | |
möglich, einer Kuh Nackenzellen zu entnehmen und sie in einer Zellkultur zu | |
vermehren. Das dauert im Augenblick noch ziemlich lange, aber wenn man es | |
beschleunigen kann, kann man Fleisch herstellen, für das Tiere nicht | |
sterben müssen und das preisgünstiger ist. | |
Was muss sich rechtlich ändern? | |
Wir müssen dahin kommen, dass man zum Beispiel einen mit Elektroschocks | |
gequälten Laboraffen treuhänderisch mithilfe einer Verbandsklage vor | |
Gericht vertreten kann. Wenn Giftstoffe in einem Joghurt sind, können Sie | |
die Firma im Namen der Allgemeinheit verklagen, obwohl die Allgemeinheit | |
Ihnen den Auftrag nicht erteilt hat. Sie können aber nicht diesen Affen vor | |
Gericht vertreten, mit der Begründung, dass er Ihnen den Auftrag nicht | |
erteilt hat. | |
Interview: Hannes Vater | |
„Tiere denken“, ein Abend mit Richard David Precht: 20 Uhr, Kampnagel, | |
Jarrestraße 20, Eintritt 16 Euro | |
25 Oct 2016 | |
## AUTOREN | |
Hannes Vater | |
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