# taz.de -- Hier kommt bestimmt nix in die Tüte | |
> Einkaufen Um Müll zu vermeiden, will ein neuer Laden im Viertel auf so | |
> viel Verpackung wie möglich verzichten – und ganz ohne Plastik auskommen: | |
> Das verbessert die Ökobilanz. Wenigstens fast immer | |
Am Mittwoch eröffnet der Unverpackt-Laden Selfair im Viertel. Dort werden | |
unverpackte Bioprodukte angeboten – dazwischen aber auch Verpacktes. | |
Ausschließlich unverpackte Produkte anzubieten, sei ein zu großes | |
wirtschaftliches Risiko. Daher findet man auch Konserven, Milch in Flaschen | |
und Papierverpacktes in den Regalen. „Aber auf Plastik verzichten wir | |
ganz“, sagt der Inhaber Selcuk Demirkapi. | |
Ziel sei es, ein möglichst umfangreiches Sortiment anzubieten, um gegenüber | |
anderen Supermärkten konkurrenzfähig zu sein. „Wenn sich die unverpackten | |
Lebensmittel gut verkaufen, sollen es mit der Zeit immer mehr werden“, sagt | |
Demirkapi. Besonders bei Flüssigem ist der Verkauf jedoch sehr aufwendig, | |
aber auch Käse gibt es bisher nur verpackt. „Das ändern wir, wenn wir | |
wissen, wie die Kunden unser Angebot annehmen“, sagt Demirkapi. Auf das | |
Kaufverhalten der Kunden sei er sowieso sehr gespannt. Denn, obwohl alle | |
davon reden, keinen Verpackungsmüll mehr produzieren zu wollen, fragt er | |
sich, ob das auch in der Praxis umgesetzt wird. | |
Denn das Einkaufen von Lebensmitteln ohne Packung ist aufwendiger, als der | |
normale Gang zum Supermarkt. Und gerade in Bezug auf die Nachhaltigkeit ist | |
auch das Verhalten der Kunden von Bedeutung. Das hat Christina Scharpenberg | |
von der Universität Göttingen herausgefunden. | |
Sie hat sechs Produkte des „Original Unverpackt“ Geschäfts in Berlin auf | |
ihre Ökobilanz untersucht. Im Vergleich mit Produkten aus Biosupermärkten | |
stellte sie fest, dass Unverpacktes nicht immer nachhaltiger ist. Zwar | |
konnten Trockenprodukte überzeugen, aber Tofu und Fruchtbären nicht. Das | |
liegt etwa an der Säuberung der Behälter. Aber auch in der | |
Wertschöpfungskette gibt es Probleme. Die Glasproduktion beeinflusst, laut | |
der Studie, das Bilanzergebnis stark negativ. | |
Gläser werden erst dann nachhaltig, wenn man sie immer wieder verwendet. | |
Somit liegt eine erfolgreiche Verbesserung der Ökobilanz auch beim Kunden. | |
„Mein Wunsch ist es, dass die Kunden mit den Behältern einkaufen, die sie | |
Zuhause sowieso nutzten“, sagt Demirkapi. | |
Wie die Ökobilanz der Produkte in seinem Laden aussieht, müsse man später | |
testen. Die Studie kann keine allgemeingültigen Ergebnisse aufzeigen, da | |
bei jedem Laden und jedem Produkt die Ökobilanz unterschiedlich ist. | |
Demirkapis Sortiment sei natürlich noch nicht vollkommen ausgereift. Das | |
Brot komme zwar aus einer lokalen Bio-Bäckerei, aber bei anderen Produkten | |
sei es schwierig, Lieferanten zu finden. „Bisher habe ich noch nicht die | |
richtigen Kontakte“, sagt Demirkapi. Daher kauft er Obst und Gemüse beim | |
Großmarkt ein. Ziel sei es, später direkt von den Produzenten beliefert zu | |
werden. Das Wegwerfen von unverkauften, aber noch genießbaren Frischwaren | |
versucht er durch die Feinkosttheke zu umgehen. „Aus reifen Früchten kann | |
man noch viele leckere Sachen machen, auch wenn der Kunde sie vielleicht | |
nicht mehr kauft“, sagt Demirkapi. | |
Daher ist an den Laden eine kleine Küche angeschlossen, wo Aufstriche, | |
Salate und Eingemachtes hergestellt werden. Demirkapi ist von seinem | |
Sortiment überzeugt: „Ich achte darauf, dass das Produkt zu meiner Idee | |
passt.“ Und so stehen neben deutschem Wein und türkischer Marmelade auch | |
vegane Kondome – jedes davon einzeln verpackt. Pia Siber | |
Eröffnung: Mittwoch, 5. 10., 10 Uhr, Vor dem Steintor 189 | |
4 Oct 2016 | |
## AUTOREN | |
Pia Siber | |
## ARTIKEL ZUM THEMA |