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# taz.de -- Nach der Krise ist vor den Lilien
> BUNDESLIGA Auch in dieser Saison setzt Darmstadt 98 auf Spieler, denen
> andernorts keine Chance eingeräumt wurde – so hielt man in der
> vergangenen Saison die Klasse
Bild: Auch kein unverdächtiger Gewichtheber: Änis Ben-Hatira
„Oh Lilien, oh Lilien, oh Lilien, Ooohooo“, tönte es aus den Lautsprechern
des Stadions am Böllenfalltor in Darmstadt. Ganze 15-mal in der letzten
Saison war das so – 15 Tore, die am Ende reichen sollten, um dem Abstieg zu
entgehen. Am 33. Spieltag bejubelten die Spieler ausgelassen einen 2:1
Auswärtssieg bei Hertha BSC; die Hessen blieben durch den Erfolg in der
Liga und straften die Fußballexperten Lügen, die sie als sicheren Absteiger
vorhergesehen hatten.
Doch auf den Erfolg folgte erst mal die Ernüchterung. Etliche
Schlüsselspieler verließen den Verein. „Damit müssen wir mit unseren
bescheidenen Möglichkeiten leben“, sagt Holger Fach, seit dieser Saison
neuer Sportdirektor bei den Hessen. Topscorer Sandro Wagner verschlug es
nach Sinsheim, die Leihe von Luca Caldirola lief aus, Slobodan Rajković zog
es nach Italien, Christian Mathenia nach Hamburg. Der härteste Verlust:
Trainer Dirk Schuster wechselte zum Ligakonkurrenten nach Augsburg. Das
Gesicht des Darmstädter Erfolgs ist damit weg.
„Die neue Aufgabe in Augsburg reizt ihn“, sagte dessen Berater Ronny Zeller
nüchtern zu den Beweggründen des Wechsels. Einen Nachfolger fand Holger
Fach im erstligaerfahrenen Norbert Meier, der vom Zweitligisten Arminia
Bielefeld zu den Lilien kommt. „Er war sehr oft mit verhältnismäßig
geringem Budget erfolgreich“, so Fach über Meier. Er kenne ihn persönlich
und wisse, dass er sehr ehrlich und konsequent sei.
Obwohl die Transfers mehreren Millionen Euro in die Vereinskasse spülten,
ist es schwer adäquate Spieler zu verpflichten. „Natürlich geht es auch ums
Geld. Das ist ein Kriterium, dass viele Transfers schon von Vornherein
ausschließt“, sagt Fach. Eine üppige Scouting-Abteilung hat man in
Darmstadt nicht: „Wir haben keine 25 Scouts wie die anderen Vereine.“
Alternative Lösungen mussten her.
„Spielern, die woanders keine Chance mehr bekamen und doch ihre Fähigkeiten
nachgewiesen haben, bieten wir eine Bühne“, erklärt Fach. Fußballer, die
bei ihren Vereinen in der Krise steckten, sollten so in Darmstadt ihren
Durchbruch schaffen.
Peter Niemeyer und Konstantin Rausch haben es in der vergangenen Saison
geschafft. Sie wurden zu den Gesichtern des Erfolgs. Ergänzend wurden
Leihspieler geholt, die die alte Garde um arrivierte Profis wie den
Rechtsaußen Marcel Heller und dem in der letzten Saison überragenden
Innenverteidiger Aytaç Sulu herum unterstützen sollten.
Ebenfalls in der vergangenen Saison holte Darmstadt Sandro Wagner. Ein
„gescheiterter“ Spieler, der nach Stationen beim FC Bayern, dem MSV
Duisburg, Werder Bremen, dem 1. FC Kaiserslautern und der Hertha keine
großen Erwartungen schürte, bei den Lilien aber überraschte, nein,
begeisterte. Der leidenschaftliche, kämpferische Fußball passte perfekt zu
seiner Art zu spielen. Insgesamt 14 Tore schoss der 28-Jährige mit dem
markanten Kinnbart in 31 Spielen, interessierte Vereine standen Schlange.
Nach nur einer Saison wechselte Wagner nach Hoffenheim. Erfolgsprofis kann
Darmstadt kaum halten.
„Es macht für uns keinen Sinn“, erklärt Fach „für Sandro Wagner einen
19-Jährigen zu holen, der erst in zwei, drei Jahren auf dessen Niveau ist.“
Arrivierte Kräfte mussten her. Mit Änis Ben-Hatira (ablösefrei) und Sven
Schipplock (Leihe) holte Holger Fach solche Spieler. Während Schipplock
beim HSV mit einem Bankplatz hätten vorliebnehmen müssen, war Ben-Hatira
nach seinen Engagements in Hamburg, Berlin und Frankfurt zuletzt
vereinslos.
„Wir sind mit der Kaderplanung noch nicht am Ende“, sagte Norbert Meier
kurz vor dem Erstrundenspiel im DFB-Pokal (7:0-Sieg beim Bremer SV). Fach
pflichtet ihm bei: „Wir gucken, was es noch an Möglichkeiten gibt.“ Sören
Haberlandt
25 Aug 2016
## AUTOREN
Sören Haberlandt
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