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# taz.de -- Alles auf einmal
> DUALE AUSBILDUNG Immer mehr Berufe lassen sich als duales Studium in
> Theorie und Praxis erlernen. Das bedeutet für die Azubis Doppelbelastung,
> aber auch Gehalt
Bild: Beim dualen Studium wird nicht nur theoretisch gelernt
von Jannik Sohn
Die Entscheidung zwischen Studium oder Berufsausbildung kann quälend sein:
akademisches Lernen oder doch lieber Anpacken? Duale Studiengänge
erleichtern diese Wahl: „Das duale Studium nimmt vielen ambitionierten
jungen Menschen, die sich entweder für ein Studium oder für eine Ausbildung
entscheiden müssten, die Entscheidung ab“, sagt Volker Tschirch. Er ist
Hauptgeschäftsführer des AGA-Unternehmensverbandes. Der Verband vertritt
norddeutsche Handels- und Dienstleistungsunternehmen.
Das duale Studium, sagt Tschirch, sei „in der Regel verblockt“. Studierende
arbeiten für einen längeren Zeitabschnitt in den Betrieben und besuchen
dann in einem Präsenzzeitabschnitt die Hochschule. Für Tschirch hat das
Vorteile für den späteren Beruf: „Bei beiden Ausbildungsformen erleben
junge Menschen zwei Sichtweisen, nämlich auf den Arbeitsalltag und auf das
große Ganze, vermittelt über den theoretischen Unterricht.“
Eine Alternative zum verblockten dualen Studium ist eine duale
Doppelqualifikation. Das Bremer Institut für Handel und Verkehr (BIHV)
bietet eine solche Qualifikation an. Eine kaufmännische Ausbildung
inklusive erufsschule trifft hier auf ein Studium als BetriebswirtIn –
zeitgleich.
Die StudentInnen absolvieren ihre akademische Bildung im Abendunterricht
oder am Wochenende. Rund vier bis acht Stunden pro Woche müssen die
angehenden BetriebswirtInnen neben der Berufsausbildung dafür aufwenden.
Das ist ein immenser Zeitaufwand, der sich laut den Studierenden aber
lohnt: Bessere Verdienstmöglichkeiten, Zeitersparnis im weiteren
Ausbildungsweg und der Praxisbezug rechtfertigen die Doppelbelastung,
berichten Studierenden auf der Website des BIHV.
Insgesamt entscheiden sich Jahr für Jahr immer mehr junge Menschen für ein
duales Studium. Laut Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB) befanden sich
2014 etwa 90.000 von ihnen in einem solchen Studium bei insgesamt 1.505
dualen Studiengängen – Tendenz steigend: 2005 waren es 40.000 StudentInnen
bei einem Angebot von 545 Studiengängen. Vor allem in den Bereichen
Wirtschaftswissenschaften und des Ingenieurwesen findet die Verbindung von
Berufsausbildung und akademischem Lernen statt: Sie machten 2014 zusammen
70 Prozent aller dualen Studiengänge aus.
Doch auch in anderen Bereichen gibt es Angebote eines dualen Bildungsweges.
Der Bachelorstudiengang „Public Administration“ an der Hochschule Bremen
beispielsweise bildet die Studierenden zu VerwaltungsinspektorInnen aus.
Die AbsolventInnen werden in verschiedenen Bereichen des öffentlichen
Dienstes eingesetzt. „Das kann das Jobcenter sein, das Stadtamt oder die
senatorische Behörde“, berichtet Jochen Kriesten, Leiter des Referats für
Ausbildung und Praktika beim Bremer Aus- und Weiterbildungszentrum für den
öffentlichen Dienst (AfZ). Anfang August starteten 55 angehende
VerwaltungsinspektorInnen das duale Studium in Bremen.
„Es geht um eine ganz starke Verzahnung von Theorie und Praxis“, sagt
Kriesten. An der Hochschule lernen die Studierenden vier Semester lang die
Theorie, vor allem rechtliche Grundlagen oder betriebswirtschaftliche
Kenntnisse. „Viele berufspraktische Erfahrungen fließen in den Lehrstoff“,
sagt Kriesten. Praxismodule oder Reflektionen stehen auf dem Stundenplan
der StudentInnen.
In zwei Praxissemestern werden sie dann in den verschiedenen Dienststellen
der Bremer Verwaltung eingesetzt. Hier lernen die Studierenden, „wirklich
in einer Verwaltung zu arbeiten“, sagt Kriesten. Durch das berufspraktische
Jahr, seien sie gut auf ihren späteren Beruf vorbereitet.
Am Ende des dreijährigen dualen Studiums erhalten die AbsolventInnen zwei
Abschlüsse: den akademischen Abschluss Bachelor of Arts und die
Berufsbezeichnung VerwaltungsinspektorIn. „Eine Weiterbeschäftigung ist
vorgesehen“, erklärt Kriesten. Laut dem AfZ winkt den studierten
InspektorInnen eine Verbeamtung, sie übernehmen Leitungsfunktionen und
werden im gehobenen Verwaltungsdienst eingesetzt.
Aber warum entscheiden sich junge Menschen für eine Doppelbelastung durch
Ausbildung und Studium? „Ich glaube, das ist ein Trend, den man seit Jahren
sieht“, sagt Kriesten und nennt diverse Gründe. Zum einen biete ein duales
Studium eine Anschlussperspektive und „eine gute Mischung aus Theorie und
Praxis“. Hinzu komme, dass die jungen Menschen mit Beginn des Studiums
bereits eigenes Geld verdienten. „Und ganz entscheidend“, so Kriesten, „i…
die Bindung an den Arbeitgeber.“
Für Volker Tschirch vom AGA-Unternehmensverband ist die Arbeit in den
Betrieben wichtig: „Es braucht den Lernort Betrieb“, sagt er, und zwar
neben dem dualen Studium auch in der klassischen Berufsausbildung. Er
plädiert für ein besseres Ansehen der betrieblichen Ausbildung und fordert
das Ende einer „Stigmatisierung der Berufsausbildung“.
Die Wahl gegen ein Studium und für eine Ausbildung dürfe nicht als
„Karriereeinbruch“ angesehen werden. „Wir werben für eine bessere und
konsequente Berufsorientierung an den Schulen und dafür, dass die
Entwicklungs- und Karrierechancen über die betriebliche Ausbildung auch in
der breiten Öffentlichkeit wieder deutlich werden“, sagt Tschirch.
6 Aug 2016
## AUTOREN
Jannik Sohn
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