# taz.de -- Kaufen ohne Kapital | |
> Hausprojekt I Ein neues Wohnprojekt will ein Eckhaus im Hamburger | |
> Stadtteil Wilhelmsburg dem Immobilienmarkt entziehen. Mit einer | |
> Alternative zur üblichen Finanzierung | |
Bild: Fast fertig: Die Sanierungsarbeiten in Wilhelmsburg | |
Bald geht es los: Im August wird das Haus in der Mokrystraße 1–3 wieder | |
bewohnt. Dann zieht hier eine Gruppe von 40 Menschen im Alter von einem bis | |
35 Jahre ein. So unterschiedlich ihre Tätigkeiten und ihre Herkunft auch | |
ist, sie streben nach einem gemeinsamen Ziel: Sie wollen ein | |
selbstverwaltetes gemeinschaftliches Leben. „Go Mokry“ haben sie ihr | |
ambitioniertes Projekt und den dazugehörigen Hausverein genannt. | |
Mit den Planungen fingen sie schon vor zwei Jahren an, nachdem die | |
künftigen Bewohner Konrad Grevenkamp trafen. Grevenkamp ist Geschäftsführer | |
der Projektgesellschaft „Impuls 21“, die sich an sozialen und ökologischen | |
Kriterien orientiert. Damals suchte Grevenkamp in einer öffentlichen | |
Ausschreibung neue Bewohner für das Haus. Die einzige Bedingung war: Es | |
muss ein gemeinschaftliches Projekt sein. | |
Das Gebäude liegt im Hamburger Stadtteil Wilhelmsburg, südlich der Elbe. | |
Das Eckhaus zwischen der Mokrystraße und dem Vogelhüttendeich hat eine | |
Fläche von 1.000 Quadratmetern. Um eine solche Größe verwalten zu können, | |
haben sich Interessierte zusammengetan: So ist „Go Mokry“ entstanden. Das | |
Gemeinsame ist ihnen wichtig: „Wir verstehen uns nicht als mehrere WGs, | |
sonder als gesamtes Hausprojekt“, erklärt Jörn Müller vom Projektverein. | |
Nicht nur das kollektive Entscheidungsprinzip, sondern auch die | |
Finanzierung macht diese Wohnform zu einer Alternative zur normalen Logik | |
des Immobilienmarktes. Denn normalerweise verfügen solche Projekt über | |
wenig Kapital. Doch Konrad Grevenkamp stört das wenig. Als Besitzer der | |
Immobilie kümmert er sich um die anstehenden Sanierungsarbeiten des Hauses. | |
Die Renovierung folgt einem Plan, der mit dem Verein abgestimmt wurde. | |
Als finanzielle Unterstützung hat „Impuls 21“ eine Förderung von der | |
Hamburger Investitions- und Förderbank bekommen. Weil Grevenkamp | |
energieeffizient umbaut, bekommt er außerdem einen Kredit der Kreditanstalt | |
für Wiederaufbau. | |
Wenn Anfang nächsten Jahres der Umbau abgeschlossen ist, zieht sich die | |
„Impuls 21“ aus dem Projekt zurück: Dann will der Hausverein das Gebäude | |
kaufen. Dafür hat der Hausverein mit dem Mietshäuser Syndikat eine neue | |
Gesellschaft gegründet. Die Idee ist, die Immobilie dem Markt zu entziehen. | |
Beim Mietshäuser Syndikat handelt es sich um einen bundesweiten Verein, der | |
sich vor allem mit Hausprojekten beschäftigt. Es verknüpft verschiedene | |
Projekte und hilft ihnen bei der Organisation. In einer neuen | |
Hausbesitzergesellschaft behält der Hausverein bestimmte Rechte für die | |
Selbstverwaltung und Geschäftsführung. Beide Parteien, das Mietshäuser | |
Syndikat und der Verein, haben ein Vetorecht für den Fall, dass das Haus in | |
Zukunft einmal verkauft werden sollte. So soll der soziale Charakter des | |
Projekts auch in Zukunft erhalten bleiben. | |
Das Haus in der Mokrystraße verfügt über 50 Zimmer. Ein großer Teil davon | |
ist Wohnraum. Eine Einzimmerwohnung wird vom sozialen Träger „Die Fähre“ | |
gemietet. Hier sollen Jugendliche betreut wohnen können. Im Erdgeschoss | |
soll es Raum für Veranstaltungen geben: Konzerte, Lesungen, Filme, | |
Sprachkurse und eine „Küche für alle“. In der ersten Etage ist ein | |
Bewegungsraum geplant. Dieser ist für Kinderbetreuung oder Sportaktivitäten | |
gedacht. | |
Da sich das erste Geschoss direkt von der Straße aus erreichen lässt, | |
können ihn Leute von außen gut nutzen. „Diesen Raum wollen wir nicht allein | |
bespielen“, sagt die künftige Bewohnerin Kirstin Reich. „Der kann und soll | |
von anderen genutzt werden.“ ANNA DOTTI | |
23 Jul 2016 | |
## AUTOREN | |
Anna Dotti | |
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