# taz.de -- Ted Cruznutzt seinen Abschiedsauftritt | |
> USA Der Tea-Party-Senator verweigert dem republikanischen Kandidaten | |
> Trump die Gefolgschaft | |
AUS CLEVELAND Frank Herrmann | |
Schon im Wahlkampf waren sie hart aneinandergeraten. Ted Cruz hatte Donald | |
Trump einen pathologischen Lügner genannt, als der Immobilienmogul | |
suggerierte, Cruz’ aus Kuba stammender Vater könnte mit Lee Harvey Oswald, | |
dem Mörder John F. Kennedys, unter einer Decke gesteckt haben. Sowohl Trump | |
als auch Cruz, der schrille Bauunternehmer aus New York und der | |
erzkonservative Tea-Party-Senator aus Texas, verstanden sich als Rebellen | |
im Kampf gegen das republikanische Establishment. Aber dann wurde es in dem | |
Maße rauer, wie das Kandidatenrennen auf einen Zweikampf zulief. Und nun | |
ist ein Tiefpunkt erreicht, ausgerechnet in dem Moment, da die „Grand Old | |
Party“ einen Schulterschluss zwischen zwei Alphatieren zu zelebrieren | |
versucht. | |
Cruz sollte Trump absegnen, der Wahlparteitag in Cleveland wollte | |
Versöhnung feiern. Stattdessen hielt er eine 22-Minuten-Rede, in deren | |
Verlauf er Trump ein einziges Mal erwähnte, als er seinem Rivalen zum | |
Vorwahlsieg gratulierte. Statt dem Tycoon explizit seine Unterstützung | |
auszusprechen, wie auf Wahlparteitagen üblich, legte er den Wählern in | |
gewollter Distanz zu Trump ans Herz, im November nach ihrem Gewissen | |
abzustimmen. | |
„Wir haben Führer verdient, die für Prinzipien stehen, die uns alle hinter | |
gemeinsamen Werten vereinen. Das ist der Standard, den wir von jedem | |
erwarten können“, sagte der Texaner. „Folgt eurem Gewissen und wählt | |
Kandidaten, die die Verfassung verteidigen.“ | |
Worauf sich in der Quicken Loans Arena tumultartige Szenen abspielten. „Sag | |
es!“, „Sag: Trump!“, schallte es durch die Halle, vor allem aus den Reihen | |
direkt vor der Bühne, wo die Delegierten aus Trumps Heimatstaat New York | |
sitzen dürfen. | |
Cruz erwiderte mit kaltem Lächeln: „Ich weiß den Eifer der New Yorker | |
Delegation sehr zu schätzen.“ Als er im Duett mit seiner Frau Heidi den | |
Saal verließ, verabschiedeten die Trump-Fans das Paar mit Buhrufen. | |
„Goldman Sachs!“, schrie einer, auf Heidis Karriere als Investmentbankerin | |
anspielend. | |
Kurz darauf twitterte Trump: „Wow, Ted Cruz wurde von der Bühne gebuht. Hat | |
sein Versprechen nicht gehalten! Ich habe seine Rede zwei Stunden vorher | |
gesehen und ihn trotzdem reden lassen. Keine große Sache!“ In Wahrheit war | |
es doch eine große Sache, zeigt es doch, wie laienhaft die Mannschaft des | |
Milliardärs hinter den Kulissen agiert. | |
Eigentlich sollte es der große Abend des Mike Pence werden, Trumps Vize, | |
der Gouverneur Indianas, den jenseits des Bundesstaates kaum einer kennt. | |
Pence redete zwar, doch sein Auftritt ging völlig unter. Einmal mehr lässt | |
die Panne das Trump-Team als einen Haufen Amateure dastehen. | |
Es ist ein potenziell verheerender Eindruck bei einem Kandidaten, der von | |
sich behauptet, jedes Problem besser, kompetenter managen zu können als die | |
„ahnungslose“ politische Klasse. Zugespitzt formuliert: Wenn Trump nicht | |
mal die Choreografie eines Parteitags im Griff hat, wie wird er dann erst | |
mit Russen, Chinesen oder Mexikanern verhandeln? | |
22 Jul 2016 | |
## AUTOREN | |
Frank Herrmann | |
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