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# taz.de -- zwischen den rillen: Minimalistische Vögel
Suff Daddy: „Birdsongs“ (Jakarta/Groove Attack)
Wir treffen uns in einem Café in Kreuzberg, nicht übertrieben hip, aber
auch keine Spelunke. Eine gute Analogie zur Musik von Suff Daddy. Suffy
oder David, wie ihn seine Freunde nennen, erzählt lakonisch vom
unspektakulären Entstehungsprozess seines neuen Albums „Birdsongs“, das
knappe 36 Minuten dauert.
Für die Kürze führt er eine logische Begründung an: „Vinyl ist das
wichtigste Medium für mich. Aber je mehr Musik auf einer Platte gepresst
ist, desto stärker leidet auch der Klang.“ Entstanden ist „Birdsongs“ mit
Low-Budget-Equipment in seiner Wohnung. „Ich brauche ein Sofa, einen
Computer und ein Midi-Keyboard. Reduktion fördert meine Kreativität. In der
Zeit, in der ich früher zehn Synthies verkabelt habe, baue ich heute drei
Beats.“
Genau so unaufgeregt wie ihr Schöpfer klingen auch die minimalistischen
„Birdsongs“, sie weisen in keine der Richtungen, die die Beat-Szene in den
letzten Jahren charakterisiert haben: Weder 160-BPM-Footwork-Geklapper noch
verdreckter House-Beat noch Trap. Suff Daddy macht einfach nur
atmosphärische und liebevoll arrangierte HipHop-Beats mit melodiösen
Samples. Musik, die zeitweilig so entspannt ist, dass man sie böswillig als
„Coffeetable-HipHop“ bezeichnen könnte. Doch das ist exakt die Musik, die
zu dem 37-Jährigen, seinen Freunden und ihrem entschleunigten Lebensstil
passt.
Suff Daddy gehört zur ersten Generation hiesiger HipHop-Produzenten. Vor
knapp zehn Jahren begann sie, ihr eigenes Spielfeld abseits der deutschen
Rap-Szene aufzubauen. Seit 2011 veranstaltet Suff Daddy etwa die
„Beatgeeks“-Partyreihe in Berlin, die sich zu einem Treffpunkt der lokalen
Szene entwickelt hat. Erfolge hat er auch als Teil des Produzententrios
Betty Ford Boys gefeiert, momentan treibt Suff Daddy aber seine
Solokarriere voran.
Vor rund zehn Jahren gehörte Suff Daddy zu den ersten HipHop-Produzenten in
Deutschland, die für ihre Samples und Beats keine Rapper suchten, sondern
aus ihnen reine Instrumentalstücke machten. Zeitgleich entwickelten
Produzenten wie Twit One und Hulk Hodn in Köln und Dexter in Heilbronn
einen ähnlichen Ansatz. Durch unabhängige Labels wie MPM, Jakarta oder
Sichtexot hat sich diese Szene vernetzt. Der Kölner Fotograf Robert Winter
porträtierte gar einige dieser öffentlichkeitsscheuen ProduzentenFiguren
mit stilvollen Schwarz-Weiß-Bildern. Zwischenzeitlich entstand in Köln auch
das jährliche „Beat BBQ“, zu dem bis zu 1.000 Beat-Fans aus dem ganzen Land
angereist kommen.
## Beatgeeks im Monarch
In Berlin hat sich in den letzten Jahren der „Beatgeeks“-Abend in der
Monarch-Bar etabliert. Einer der Organisatoren ist Suff Daddy, der an
vielen Abenden auch selbst an den Plattentellern steht. Dann legt er gerne
Funk, Disco und Soul auf. Seine „Birdsongs“ klingen relaxt und luftig wie
der Sommer. Beim Hören hat man den Sonnenuntergang vor Augen. Melodien und
Vibe stehen im Vordergrund. Viele Instrumente spiele er live ein, das
verleihe seinem Sound eine gewisse Lockerheit und ein menschliches Maß,
erklärt der Künstler. Obwohl Suff Daddy eine klassische
90er-Jahre-HipHop-Sozialisation durchlaufen hat, findet sich auf
„Birdsongs“ kein Rap. „Es gibt nach wie vor Rapper, die ich gut finde. Ab…
generell höre ich weniger Rap als früher. Je älter ich geworden bin, desto
weniger lasse ich mir gefallen, was sie rappen.“ Daher hat er nur zwei
Gäste auf seinem Soloalbum eingeladen: Den Produzenten-Kumpel Dexter und
den kalifornischen Soul-Sänger Mayer Hawthorne; Suffy hatte vor zwei Jahren
bereits einen Remix-Auftrag von ihm bekommen. „If you’re a grown ass man,
come and shake my hand“, singt Hawthorne auf ihrem gemeinsamen Song „Paper
Proclamation“, und genau darum geht es hier: um geschmackvollen
HipHop-Sound, der gerade deshalb so gut klingt, weil er unprätentiös
daherkommt. Stephan Szillus
8 Jul 2016
## AUTOREN
Stephan Szillus
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